Der „Hausdesigner“ von Glas aus Dingolfing, Pietro Frua, baute 1964 auf Isar-Basis ein Freizeitauto
Mit dem Goggomobil-Produzenten Glas kam der italienische Automobildesigner und Karossiers Pietro Frua aus Turin bereits Anfang der 60er Jahre in Kontakt. Bald darauf entstanden nach seinen Designentwürfen etliche, formschöne Mittelklassemodelle von Glas, wie etwa das GT Coupé und Cabriolet oder die 1500 und 1700 Limousinen von 1963. Im Jahr darauf reizte es den Designer ein kleines Freizeitauto mit dem Erscheinungsbild eines Strandwagens auf der Basis des „Großen Goggomobils“, dem Isar T700 zu schaffen. Allerdings blieb dieser Strandwagen, den Frua im November 1964 auf dem Turiner Automobilsalon vorstellte, ein Einzelstück.
Fruas Strandwagen und der Mini-Moke von BMC besaßen ein ähnliches Konzept. Beide trafen damals den Zeitgeist der Hippie-Generation
Wer nun eher auf die Idee gekommen war, ein kleines, viersitziges und offenes Funmobil für Strand und Freizeit zu entwerfen, sei dahingestellt, denn sie entstanden ziemlich zeitgleich. Frua hatte jedenfalls einen Narren an dem kleinen Isar gefressen und baute auf seiner technischen Basis zuerst einen Pick-up und dann den Strandwagen auf. Hatte der Pick-Up, übrigens auch ein Einzelstück, noch Ähnlichkeit mit den Formen des normalen Isar, so sah der Strandwagen völlig anders aus. Frua zeichnete hier eine kantige und offene Karosserie mit vier Sitzen, ohne Türen und dafür mit weiten Türausschnitten und mit einem Stoffverdeck. Zur Absicherung der Passagiere gab es wie bei Segelbooten Seile mit Karabinerhaken, die man an der Karosserie einhängte.
Die Basis des Isar war ideal für das kleine „Funmobil“
Wie der normale Isar besaß auch der Strandwagen einen Frontmotor und Heckantrieb, übrigens im Gegensatz zum Mini-Moke, der ein Fronttriebler war. Der moderne ohv Zweizylinder-Boxermotor mit 688 ccm Hubraum (vom ehemaligen BMW-Ingenieur Leonard Ischinger entwickelt) leistete 30 PS bei 4900 U/min und kam auf eine Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h. Dank seiner selbsttragenden Karosserie ohne Türen und der schlanken Ausstattung, schließlich brauchte ein Freizeitauto keinen Schnickschnack, wog der Strandwagen nur 650 kg. Aufgehängt waren die Vorderräder an unteren Querlenkern und oberen Längslenkern mit Schraubenfedern und progessiv wirkenden Gummihohlfedern. Hinten besaß das Fahrzeug eine Starrachse mit längsliegenden Dreiblattfedern und Gummihohlfedern. Rundum gab es Teleskopstoßdämpfer. Das vollsynchronisierte Vierganggetriebe wurde über eine Mittelschaltung mit langem Schaltgestänge betätigt. Wie beim Isar war auch hier ein kopfstehendes Schaltschema zu finden, da der Motor umgedreht eingebaut war. Hydraulische Trommelbremsen sorgten für gute Bremswerte. Wirklich geländegängig, wie man vielleicht meinen könnte, war der Strandwagen allerdings nicht.
Dieses Freizeitauto blieb ein Einzelstück
Pietro Frua hatte selbst viel Spaß an dem kleinen Strandwagen und fuhr ihn auch eine geraume Zeit. In den 80er Jahren gelangte er dann in die Hände eines Glas-Sammlers, der ihn restaurierte.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: ohv Zweizylinder-Boxermotor
Hubraum: 688 ccm
B x H: 78mm x 72mm
Verdichtung: 7,4:1
Leistung: 30 PS bei 4900 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 110 km/h
Vergaser: Solex Fallstromvergaser
Getriebe: vollsynchronisiertes Vierganggetriebe, Mittelschaltung
Kupplung: Einscheiben-Trockenkupplung
Lenkung: Schneckenlenkung
Antriebsart: Hinterradantrieb
Vorderradaufhängung: unabhängig, an unteren Querlenkern und oberen Längslenkern, Schraubenfedern, Gummihohlfedern, Teleskopstoßdämpfern
Hinterradaufhängung: Starrachse mit längsliegenden Dreiblattfedern, Gummihohlfedern, Teleskopstoßdämpfern
Bremsen: hydraulische Trommelbremsen
Karosserie: selbsttragende Stahlblechkarosserie
Abmessungen: L 3,4 m, B 1,4 m, H 1,3 m
Radstand: 2000mm
Gewicht: ca. 650 kg
Verbrauch: ca. 7 l auf 100 km