Auf NSU-Basis entstanden in den späten 60er und frühen 70er Jahren etliche sportliche Sonderkonstruktionen in meist geringen Stückzahlen von kleineren Automobilproduzenten. So gab es den Brixner-Rennwagen, den Sportwagen Gepard oder etwa den Autonova GT. Ein besonders interessantes Modell war der Kohlmus Scirocco, ein Flügeltürer mit Kunststoffkarosserie und TT-Motor im Heck
Entwickelt hatten den chicen kleinen Sportwagen 1968 der Münchner Karosseriebauer Dieter Kohlmus, der viel mit Kunststofftechnik arbeitete, und der Versicherungskaufmann Rudolf Thurner. Die technische Basis des Prototypen stammte vom NSU 1200 C und 1200 TT, das Design und die Kunststoffkarosserie von Kohlmus
Nachdem sich die Wege von Kohlmus und Thurner 1969 nach dem Bau des Prototypen trennten, bauten beide jeder für sich einen Flügeltürer auf der NSU-Basis
Thurner verkaufte sein Modell mit geänderter Frontpartie als Thurner RS, von dem etwa 120 Exemplare entstanden. Kohlmus überarbeitete nach der Trennung das Heck und begann 1969 mit der Produktion seines Kohlmus Sciroccos in Kleinserie. Es entstanden bis 1973 ungefähr 47 Fahrzeuge. Komplett montiert wurde der kleine Sportwagen für 12500 DM angeboten. Erstehen konnte man den Kohlmus Scirocco allerdings auch als Bausatz für 3600 DM weit günstiger. Die mit einem integrierten Überrollbügel versehene Karosserie bestand aus glasfaserstärktem Polyesterharz und entstand in Sandwich-Bauweise. Sie war mit einer Höhe von nur 1050 mm sehr flach und windschnittig. Auch das geringe Gewicht von nur 600 kg kam der guten Performance des Sportwagens zugute. Im Innenraum gab es verstellbare Schalensitze, Sicherheitsgurte, ein weich abgepolstertes Armaturenbrett mit Rundinstrumenten und ein Lederlenkrad. Als Sonderausstattung gab es Alu-Felgen, Halogenscheinwerfer, ein Amperemeter, einen Öldruckmesser und ein Voltmeter.
Der sportliche und agile, von 1967 bis 1972 gebaute NSU TT eignete sich hervorragend als Basis für Sportaufbauten. Das günstige Leistungsgewicht der Sportlimousine nahm damals das spätere Konzept des VW Golf GTI vorweg
Den Sport trug der TT schon im Namen, denn er bezog sich auf die „Tourist Trophy“, das legendäre Rennen auf der Isle of Man. Der TT besaß einen quer eingebauten, luftgekühlten ohc Vierzylindermotor mit 1170 ccm Hubraum, der sich im Heck des Fahrzeugs mit selbsttragender Karosserie befand. Das herausragende Fahrwerk verfügte über eine Schräglenker-Hinterachse und eine vorderen Einzelradaufhängung an Trapezdreieckslenkern, Schraubenfedern und Querstabilisator. Der NSU zeichnete sich durch eine gute Gewichtsverteilung, ein modernes Fahrwerk und einen potenten ohc-Vierzylindermotor mit fünffach gelagerter Kurbelwelle, halbkugelförmigen Brennräumen, gehärteten Zylinderlaufbahnen und Leichtmetall-Zylinderköpfen, der Zahnstangenlenkung und durch gute Bremsen aus.
Der Kohlmus Scirocco mit sportlicher, zweisitziger Glasfaserkarosserie samt Stahlrohrrahmen besaß eine verkürzte Bodengruppe des 1200 C, den Motor des 1200 TT mit 65 PS bei 6100 U/min oder des TTS mit 1l Hubraum, die Heckscheibe vom Fiat 850 und eine Frontscheibe von Porsche
Wie schon die Ausgangsbasis zeichnete sich auch dieses Sportcoupé durch eine ausgezeichnete Straßenlage und ein hohes Leistungspotential aus (Höchstgeschwindigkeit von gut 185 km/h (beim 1200 TT-Motor) und eine Beschleunigung von 10,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h).
Das abgebildete Exemplar besitzt im Prinzip zwei Baujahre, da der Bausatz erst später zusammenmontiert wurde. Außerdem verfügt es über einen von Siegfried Spiess getunten 1200 TT-Motor
Das Fahrzeug wurde erst in den frühen 80er Jahren aus einem bereits 1973 produzierten Bausatz zusammengebaut und vollendet. Nachdem die Produktion bei Kohlmus 1973 beendet wurde, weil der Nachschub von NSU (Bodengruppe und TT-Motoren) wegbrach, als die Auto Union mit NSU fusionierte und man auch die Produktion des TT einstellte, war wohl noch ein Bausatz übrig geblieben und verharrte über Jahre im Kohlmus-Betrieb, bis er Anfang der 80er Jahre beim Aufräumen wieder entdeckt wurde. 1981 wurde der Bausatz dann zusammen gebaut und mit einem von Siegfried Spiess getunten und etwa 78 PS leistenden 1200 TT-Motor bestückt.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: ohc Vierzylinderreihenmotor im Heck, quer eingebaut
Hubraum: 1177 cm
Leistung: 78 PS bei 6100 U/min (von Spiess getunter Motor)
Vergaser: 2 Weber-Doppelvergaser (von Spiess getunter Motor)
Höchstgeschwindigkeit: ca. 190 km/h
Getriebe: vollsynchronisiertes Vierganggetriebe
Kupplung: Einscheiben-Trockenkupplung
Karosserie: Glasfaserkarosserie, zweisitziges Sportcoupé
Vorderradaufhängung: an Trapez-Dreiecklenkern, Schraubenfedern, Querstabilisator
Hinterradaufhängung: an Schräglenkern, Schraubenfedern
Lenkung: Zahnstangenlenkung
Bremsen vorn: hydraulische Scheibenbremsen
Bremsen hinten: hydraulische Trommelbremsen
Radstand: 2250 mm
L x B x H: 3800 x 1540 x 1050 mm
Gewicht: 600 kg
Bauzeit: 1969-1973
Stückzahl: 47 Ex.
Preis: 12500 DM; Bausatz 3600 DM