Flugzeuge (MR) - D2 Diorama: Szene aus Heeresversuchsanstalt

Dioramen sind Schaukästen, in denen im Miniaturformat mit Modellen Situationen, Landschaften und Szenerien möglichst anschaulich nachgebildet werden. Das mittlere Diorama zeigt einen Raketenprüfstand mit umlaufendem, äußerem Erdwall und ein Flugkörper-Abschußszenario des zweiten Weltkriegs. Dargestellt könnte der Prüfstand VII der Heeresversuchsanstalt Peenemünde sein. Ausgestellt werden hauptsächlich Modelle von Boden-Bodenraketen, Marschflugkörpern und Triebflügelprojekten, die damals zu den Innovationen der Waffentechnik zählten und zuvor nicht bekannte Angriffswaffen darstellten. Die Heeresversuchsanstalt Peenemünde spielt in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle. Denn hier im militärischen Sperrgebiet im Norden der Insel Usedom wurde an modernen, in der NS-Propaganda gern auch als „Wunderwaffen“ titulierten Waffensystemen gearbeitet. Es handelte sich um Raketentechnologie und entwickelt, getestet und gebaut wurden vor allem große Bodenraketen. Bei der Rakete Aggregat 4, die nach den Angriffen 1944 auf London auch als Vergeltungswaffe 2 bezeichnet wurde, handelte es sich um die erste ballistische Großrakete, die in der Lage war bis in den Grenzbereich zum Weltraum vorzudringen. Wegen dieser 1942 an der Ostsee erstmals erfolgreich getesteten ballistischen Rakete mit Flüssigkeitstriebwerk, gilt Peenemünde als Wiege der Raumfahrt, obwohl die Rakete damals primär als Waffe und weniger zur Erkundung des Weltraums gedacht war. Mit dem militärischen Einsatz von Raketen beschäftigte sich das deutsche Militär bereits in der Weimarer Republik. Die Versuche, die damals dazu in einigen Firmen liefen, waren allesamt geheim, denn laut Versailler Vertrag durfte Deutschland nach dem ersten Weltkrieg keine größere Artillerie entwickeln oder gar bauen. Als technischer Direktor verantwortlich für die Entwicklung des Aggregats 4/V2 und einer ihrer Urheber war Wernher von Braun, der später im Rahmen der Geheimoperation Paperclip mit etlichen anderen Wissenschaftlern (ca. 1000 Spezialisten zumeist für Raketentechnik und synthetische Kraftstoffe) in die USA (1945) ging, um dort Trägerraketen für die NASA zu bauen. Von Braun, der 1938 der NSDAP und später sogar der SS beitrat (hier sollte man die Rolle der Wissenschaft im Dienst eines totalitären Staates hinterfragen), interessierte sich schon seit seiner Kindheit für den Weltraum und für die Möglichkeit in diesen einzudringen. Mit Flüssigkeitsraketen experimentierte der Maschinenbauer und Physiker, bereits in den späten 20er Jahren und noch bevor er 1932 als Zivilangestellter zum Raketenprogramm des Heereswaffenamtes kam. 1937 wechselte er als technischer Direktor zur Heeresversuchsanstalt Peenemünde, die man auf der Insel Usedom neu errichtet hatte, weil das Gelände der ursprünglichen militärischen Versuchsanstalt in Kummersdorf (südlich von Berlin) für die immer größeren Raketen zu klein geworden war. Das Aggregat 4 war die erste Rakete mit Flüssigkeitstriebwerk, die 1942 mit einer Spitzengeschwindigkeit von etwa Mach 5 eine Höhe von über 84 km erreichte und damit fast die mittlere Atmosphäre durchdrang. Zwei Jahre später (1944) gelang der Rakete die Überwindung der Kármán-Linie (in 100 km Höhe) und sie drang damit in den Weltraum ein. Die A4/V2, an deren Entwicklung viele Wissenschaftler und Ingenieure beteiligt waren, wurde zwischen 1943 und 1945 in fast 6000 Exemplaren gebaut. Sie maß in der Höhe 14 m und wog fast 14 Tonnen. An der Spitze des aus Spanten und Längsversteifungen bestehenden und mit Stahlblech beplankten Rumpfes befand sich ein Sprengkopf mit Sprengstoff, der erst ab einer Temperatur von 200° zündete. Darunter war der Geräteraum mit der Steuerung bestehend aus einem Trägheitsnavigationssystem samt zweier Kreiselstabilisatoren untergebracht. Dann kamen die Tanks und schließlich die Brennkammer. Ihre Schubkraft erhielt die Flüssigkeitsrakete aus einem Gemisch aus Ethanol und Flüssigsauerstoff, das eine über eine Dampfturbine angetriebende Doppelpumpe in die Brennkammer beförderte, wo es zündete. Über Land konnte die Rakete in nur fünf Minuten mit einer Geschwindigkeit von Mach 5 300 km zurücklegen. Die meisten dieser Raketen wurden auf Ziele in London und Antwerpen ausgerichtet und forderten über 8000 Menschenleben. Ihre Zielgenauigkeit war so gering, dass sie vor allem die Zivilbevölkerung trafen. Außerdem waren die von Abschussvorrichtungen in den Niederlanden und Frankreich gezündeten Raketen so schnell, dass eine Alarmierung der Bevölkerung überhaupt nicht möglich war. All das war dem Hauptverantwortlichen von Braun trotz seiner Kenntnisse über die Mängel der Rakete aber wohl egal. Noch mehr Menschen starben bei der Fertigung der A4/V2, denn Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge wurden als Zwangsarbeiter beim Bau der Raketen förmlich zu Tode verschlissen. Ein Nachfolgeprojekt, das bei Erfolg sicher zu noch mehr Toten geführt hätte, war die 1945 konstruierte Boden-Bodenrakete A 9/A10 V2. Diese Rakete wurde für eine besonders lange Flugstrecke entwickelt und sollte in der Lage sein, die USA zu erreichen. Deshalb wurde sie auch „Amerika-Rakete“ genannt. Glücklicherweise blieb diese Langstreckenrakete ein Projekt und wurde nicht gebaut. Dass man schon Ende der 30er Jahre bei der Errichtung des Prüfstands VII an eine derartige Interkontinentalrakete dachte, zeigte die große Dimensionierung des Raketenprüfstands, der weit über die Anforderung der A4/V2 hinausging. 1943 sollte die Entwicklung besagter Amerika-Rakete eigentlich zu Gunsten der Weiterentwicklung des Aggregats 4 abgebrochen werden. Doch von Braun fand einen Weg noch einige Zeit an dem Projekt in Form des Aggregats A4b, einer geflügelten Version des A4, weiterzuarbeiten. Ein weiteres Projekt in Miniaturformat aus der Endphase des zweiten Weltkriegs war der Focke-Wulf Triebflügel-Abfangjäger. Bei diesem völlig neuartigen Konzept handelte es sich um einen senkrecht startenden und landenden Abfangjäger mit großem, die komplette Mitte des Flugobjekts einnehmenden Rotor auf frei drehbarem Segment, dessen Rotorblätter einen variierbaren Anstellwinkel besaßen. Der Triebflügler sollte wichtige Bereiche verteidigen können, die über keine Landemöglichkeit verfügten. In senkrechter Startposition funktionierte er mit seinem dreiarmigen Rotor, ähnlich wie ein Hubschrauber, sah optisch aber eher aus wie eine Rakete mit mittig angeordneten Tragflügeln. An deren Enden befanden sich Staustrahltriebwerke, die erst ab einer bestimmten Geschwindigkeit zu arbeiten begannen, da die Strömungsgeschwindigkeit der Luft als Katalysator diente um die Strahltriebwerke zu zünden. Für den Standschub zum Starten bedurfte es einiger Starthilferaketen an den Rotorspitzen, die später abgeworfen wurden. Vor allem die Landung dieses Flugobjekts wäre wohl recht gefährlich geworden, denn der Pilot hätte den Flieger zum Landen in eine senkrechte Position bringen und dann unter steter Verminderung des Schubs bis zum Boden absacken müssen, ohne den Boden wirklich überblicken zu können. Ein ähnliches Experiment, das 1944 begonnen wurde, war die „Lerche“ von Heinkel. Auch hier ging es um die Entwicklung eines Senkrechtstarters mit neuartigem Antrieb, der wie eine Rakete mit einem offenen Ring um die Mitte aussah. Den dynamischen Auftrieb beim Flug erzeugte ein ringförmiger Tragflügel in Form eines vom Flugwind durchströmten Zylinders, in dem auch das Triebwerk saß. Zwei flüssigkeitsgekühlte Daimler-Benz Zwölfzylinder-Flugmotoren trieben zwei gegenläufige, im Ring befindliche Propeller an. Die Steuerbarkeit und die Stabilität dieses Flugobjekts beim Starten, Landen und beim Positionswechsel dürften Probleme aufgeworfen haben. Realisiert wurde das Projekt nie. Ebenfalls in das Diorama eingebaut ist die Miniatur des weltweit ersten Marschflugkörpers samt Startrampe. Die von Robert Lusser (Miterfinder des modernen Leichtflugzeugs) von der Firma Fieseler aus Kassel entworfene Fi 103 war ein unbemannter, ins Ziel ferngelenkter Flugkörper, beladen mit fast einer Tonne Sprengstoff. Gebaut wurden davon zwischen 1944 und 1945 circa 12000 Exemplare, die fast alle auf Ziele in London und in Antwerpen (Hafen) ausgerichtet wurden. Viele wurden von einer Abschussrampe in der Eifel gestartet, andere wurden von zweimotorigen Heinkel-Flugzeugen mitgeführt und über der Nordsee ausgeklinkt. Die Bezeichnung dieser Marschflugkörper in der NS-Propaganda lautete Vergeltungswaffe 1 (V1). Angetrieben wurde die fliegende Bombe von einem Pulsstrahltriebwerk. In 175 Exemplaren gebaut, aber nicht eingesetzt wurde auch eine bemannte Version der Fi 103. Man nannte sie Fi 103 Reichenberg oder auch V4. Gedacht waren diese bemannten, fliegenden Bomben letztendlich als Kamikaze-Flugzeuge, die im Rahmen der Aktion „Selbstopfer“ zum Einsatz kommen sollten. Flugschulungen wurden schon einmal mit den Exemplaren Reichenberg I und II durchgeführt. Die Reichenberg-Versionen unterschieden sich von dem Marschflugkörper V1 durch die Existenz einer Pilotenkanzel und einer manuellen Flugsteuerung mit Querrudern. Es gab sie in einsitziger und in zweisitziger Ausführung. Ausgerüstet waren die Schulflugzeuge jeweils mit einer Landekuve. Das Modell eines weiteren Senkrechtstarters im Diorama war die Bachem 349 „Natter“, ein neuartiger Abfangjäger im Prototypenstadium. Das Projekt entstand in der Endphase des zweiten Weltkriegs im Rahmen des Abfangjägernotprogramms (den Nazis gingen so langsam die Flugzeuge, Piloten und sicheren Landebahnen aus, für einen Senkrechtstarter war lediglich eine Startrampe nötig). Erich Bachem, der übrigens mit dem Aero-Sport in den 30er Jahren auch einen der ersten Wohnwagen entwickelte und in den 50er Jahren zusammen mit Erwin Hymer Wohnwagen unter dem Markennamen Eriba konstruierte, hatte zuvor bei den Fieseler Werken in Kassel als Chef der Entwicklungsabteilung gearbeitet. Er machte sich 1942 mit Zulieferprodukten für die Luftfahrt selbstständig und baute 1944/45 die Bachem 349 in Waldsee, die den weltweit ersten vertikalen Start eines bemannten Raketenflugzeugs in der Geschichte der Luftfahrt absolvierte. Der Pilot des Prototypen kam bei diesem Testflug der Natter allerdings ums Leben. Testversuche im Tragschleppverfahren und Fesselflug an eine Heinkel He 111 vertäut, also ohne Senkrechtstart, hatte es schon zuvor mit der Natter gegeben, die erfolgreich verliefen und das steuerbare Flugvermögen des Raketenflugzeugs bestätigten. Auch der Absprung des Piloten per Fallschirm machte keine Probleme. Desgleichen klappten unbemannte Starts mit Leerhüllen und Starthilfsraketen von Schmidding reibungslos. Das raketenförmige Fluggefährt besaß einen Flüssigkeitsraketenantrieb der Firma Walter aus Kiel und die besagten Starthilfefeststoffraketen von Schmidding. Beim Raketenantrieb von Walter trafen hochreaktive chemische Stoffe in der Brennkammer aufeinander und lösten unter großer Hitze und Dampfentwicklung einen gewaltigen Brennvorgang aus, der durch die stete Zufuhr des chemischen Gemisches permanent befeuert wurde. Der dreiteilige Rumpf der Natter bestand aus blechbeplanktem Sperrholz. Neu waren zudem die am Heck angebrachten Höhenruder (Tailerons). Gedacht war die Natter als Einweg-Flugzeug zur Verteidigung wichtiger Positionen, ohne Option einer Landung. Deshalb musste der Pilot vor der Detonation abspringen.


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Informationen:

MarkeFlugzeuge (MR)
ModelD2 Diorama: Szene aus Heeresversuchsanstalt

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