1965 brachte Mercedes-Benz seine bis 1972 gebauten Oberklasse-Baureihen W 108 und W 109 heraus. Zur letzteren, die sich von der ersteren durch den serienmäßigen Einsatz einer Luftfederung, einem langen Radstand und speziellen Motoren unterschied, zählte das abgebildete Topmodell 300 SEL mit 3,5 l V-Achtzylindertriebwerk
Anfangs war das Modell 300 SEL mit einem 2,8 l Reihensechszylindertriebwerk samt mechanischer Einspritzung (Sechsstempel-Einspritzpumpe) bestückt. 1968 gesellte sich zu diesem SEL der enorm leistungsstarke 300 SEL 6.3 mit riesigem 6,3 l V-Achtzylindermotor aus dem Mercedes-Benz 600. 1969 wurde schließlich die Reihensechszylinderversion vom 300 SEL 3.5 mit 3,5 l V-Achtzylindermotor abgelöst. Dieser circa 200 PS leistende V-Achtzylindermotor mit 3,5 l Hubraum war der erste Mercedes-Benz-Motor mit elektronischer Saugrohreinspritzung (Bosch-D-Jetronic). Für den amerikanischen Markt wurde eine vergrößerte Version mit 4,5 l Hubraum und mit einer Dreigang-Automatik samt Drehmomentwandler angeboten.
Alle 300 SEL besaßen einen langen Radstand und Luftfederung
Allen 300 SEL, die intern als W109 bezeichnet wurden, war die Langversion der eleganten Limousinenkarosserie aus der Feder des französischen Designers Paul Bracq (von 1957-1967 Stilist bei Daimler-Benz) zu eigen, der die Linienführung der neuen W108/W109-Baureihe mit elegantem Dachaufbau und großen Fensterflächen entwarf, die sich an der Formgebung des Coupés der W111-Reihe orientierte und ohne das Heckflossen-Styling der Vorgänger-Generation auskam. Von nunan sollte sich übrigens das Styling einer neuen Reihe immer an der Coupéversion der vorangegangenen Reihe orientieren. Ein weiteres Merkmal der SEL-Varianten war neben dem langen Radstand (beim W108 konnte zwischen kurzem oder langem Radstand gewählt werden) die mit Gummizusatzfedern gekoppelte Luftfederung von Bosch statt der beim W 108 verwendeten Schraubenfedern. Das Design des W108/W109 wirkte sachlich, modern, geradlinig und unaufgeregt. Auch auf technischem Gebiet gab es Neuerungen, so waren die Fahrzeuge rundum mit Scheibenbremsen versehen. Ausgestattet hatte man die viertürigen Limousinen natürlich höchst komfortabel, schließlich waren es die Topmodelle von Mercedes-Benz. Die Verwendung hochwertigster Materialien war selbstverständlich. Wählen konnte man beim SEL zwischen einem hauseigenen Automatikgetriebe (4-Gangplanetengetriebe) mit hydraulischer Kupplung und einem Viergang-Schaltgetriebe. Die Betätigung erfolgte bei beiden entweder über eine Lenkradschaltung oder über eine Mittelschaltung. Einziges Manko in den Augen vieler 300 SEL-Kunden war das Lampen-Design, das ihren ästhetischen Vorstellungen nicht entsprach. Deshalb ließen viele Besitzer ihr Fahrzeug auf eine Vierscheinwerfer-Anlage, wie es für die US-Version vorgesehen war, umbauen.
Das Fahrwerk des mit bequemen Ledersitzen und edlem Nussbaum-Armaturenbrett komfortabel ausgestatteten 300 SEL war bereits gut bekannt
Denn der SEL verfügte wie der Heckflossen-Vorgänger der neuen S-Klasse immer noch hinten über eine Eingelenk-Pendelachse. Auch die Luftfederung verbesserte das gewöhnungsbedürftige Fahrverhalten bei Bremsmanövern nicht wesentlich.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: ohc 90° V-Achtzylindermotor, Nockenwellenantrieb über Duplex-Kette
Hubraum: 3499 ccm
B x H: 92 x 65,8 mm
Leistung: 200 PS bei 5800 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 210 km/h
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 9s
Einspritzsystem: Bosch-D-Jetronic
Getriebe: Viergang-Automatikgetriebe oder Viergangschaltgetriebe, Mittel,- oder Lenkradschaltung wählbar
Vorderradaufhängung: Doppelquerlenker, Luftkammer-Federbälge, Gummi-Zusatzfedern,Stabilisator
Hinterradaufhängung: Eingelenk-Pendelachse, Luftkammer-Federbälge, Gummi-Zusatzfedern,Stabilisator
Bremsanlage: hydraulische Scheibenbremsen, vorn innenbelüftet
Radstand: 2850 mm
L x B x H: 5000 x 1810 x 1410 mm
Gewicht: 1630 kg
Tankinhalt: 82 l
Verbrauch: ca. 16l/100 km
Stückzahl: 9583 Ex.-300 SEL 3.5
Preis: 29637 DM (mit Automatikgetriebe) im Jahr 1970; 1972-34077 DM
Bauzeit: 1969-1972 (300 SEL 3.5)