Der 1967 vorgestellte NSU Ro 80 war ein revolutionäres Automobil mit einer außergewöhnlich modernen Formgebung und einem besonderen Triebwerkskonzept (Wankelmotor)
Die von Claus Luthe entworfene Keilform der Limousine war damals revolutionär und sollte bald Allgemeingültigkeit erlangen. Das futuristische Design war nicht nur neu, es war auch aerodynamisch sehr günstig. Ein weiterer Pluspunkt des Fahrzeugs waren seine guten Fahreigenschaften. Das in Zusammenarbeit mit Citroen entwickelte Fahrwerk führte in Zusammenhang mit dem langen Radstand und der Keilform der Karosserie zu einer herausragenden Straßenlage.
Als der NSU Ro 80 mit Zweischeibenkreiskolbenmotor 1967 auf der IAA in Frankfurt als schnelle Reiselimousine mit hohem Fahrkomfort vorgestellt wurde, erregte er enormes Aufsehen
Sein Design und sein außergewöhnliches Triebwerk sicherten ihm ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit. Dass er damals als wegweisend empfunden wurde, zeigte seine Kür in Amsterdam zum „Auto des Jahres 1967“ durch eine internationale Jury. Das war eine große Auszeichnung und betraf zum ersten Mal ein deutsches Automobil. Eine weitere Auszeichnung folgte in London, als das Fachmagazin „Car Magazine“ den Ro 80 zum „Automobil mit dem größten technischen Fortschritt 1967“ ernannte.
Der Motor des NSU Ro 80 war ein weiterentwickelter Kreiskolbenmotor, der zwei Kammern mit je 497,5 ccm Kammervolumen besaß
Basierend auf dem Patent von Felix Wankel entwickelte die Forschungsabteilung von NSU unter Leitung von Walter Froede das auf einem Drehkolbenmotor beruhende Wankel-Prinzip zu einem Kreiskolbenmotor weiter. 1965 wurde dieser Motor im NSU Wankel Spider, der einen Einläufer-Kreiskolbenmotor besaß, zum ersten Mal in einer Serie realisiert. Da er aber durch hohen Zeitdruck viel zu früh in Serie ging, offenbarten sich schwerwiegende Probleme, die den Ruf des Wankelmotors stark beschädigten.
Der Zweischeiben-Kreiskolbenmotor des NSU Ro 80 war eine Weiterentwicklung, Probleme gab es anfangs aber immer noch. Vor allem die Rattermarken an der Gehäusewand machten Ärger. Mit anderem Dichtleistenmaterial bekam man es in den Griff. Schwierigkeiten machte auch die Zündung. Ab 1970 waren die meisten Probleme gelöst, unter anderem durch haltbarere Ferrotic-Dichtleisten, eine Hochspannungskondensatorzündung und einen Drehzahlbegrenzer.
Der Kreiskolbenmotor besaß prinzipielle Vorzüge
So verfügte er über weit weniger bewegliche Teile als ein Hubkolbenmotor. Das sparte Kosten. Dank des Bewegungsablaufs der Kreiskolben war er sehr laufruhig und nahezu vibrationsfrei. Seine Geräuscharmut ließ sich mit der eines Elektromotors vergleichen. Außerdem ermöglichte seine niedrige Bauhöhe eine flache Frontgestaltung der Karosserie. Zudem waren seine allgemein geringen Abmessungen und sein geringes Gewicht vorteilhaft. Im ab 1972 mit einem Solex-Doppelfallstromvergaser bestückten NSU Ro 80 leistete der Zweiläufer-Kreiskolbenmotor 115 PS bei 5500 U/min. Bei der strömungsgünstigen, selbsttragenden Karosserie und einem für eine Limousine moderaten Gewicht von 1250 kg reichte das für eine Höchstgeschwindigkeit von gut 180 Stundenkilometern. Auch die Beschleunigung von 12,8 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h war bemerkenswert. Das Dreiganggetriebe war mit einem hydraulischen Drehmomentwandler ausgestattet, um dem Problem des Schieberuckelns im unteren Teillastbereich zu begegnen.
1977 stoppte VW als neue Besitzerin von NSU den Bau des Ro 80
Insgesamt wurden in der zehnjährigen Produktionszeit 37406 Exemplare dieser anfangs 14190 DM und später gut 22000 DM teuren Limousine verkauft. Das Ende des Wankelmotors war mit dem letzten NSU Ro 80 allerdings nicht besiegelt, denn Lizenznehmer Mazda hielt diesem Konstruktionsprinzip über viele Jahrzehnte weiterhin die Treue. Sein geringes Gewicht und der geringe Platzbedarf geben dem Wankelmotor vielleicht auch eine neue Zukunft im Hybridauto. Der abgebildete Ro 80 von 1976 zählt zu den letzten, sehr ausgereiften Exemplaren.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: Zweischeiben-Kreiskolbenmotor
Hubraum: 2 x 497,5 ccm
Verdichtung: 9:1
Leistung: 115 PS bei 5500 U/min
Max. Drehmoment: 160 Nm bei 4000 U/min
Vergaser: ab 1972- 1 Doppelfallstromvergaser von Solex
Höchstgeschwindigkeit ca. 180 km/h
Beschleunigung: 0 auf 100 km/h in 12,8 sec.
Getriebe: Dreiganggetriebe mit hydraulischem Drehmomentwandler
Karosserie: selbstragende Ganzstahlkarosserie
Vorderradaufhängung: unabhängig an Dreieckslenkern, McPherson-Federbeinen, Schraubenfedern mit Querstabilisator und Gummizusatzfedern
Hinterradaufhängung: unabhängig an Schräglenkern, Schraubenfedern mit Gummizusatzfedern, hydraulische Teleskopstoßdämpfer
Lenkung: Zahnstangenlenkung, Servohilfe
Bremsen: Zweikreis-Scheibenbremsanlage mit Bremskraftverstärker, lastabhängiger Bremskraftregler hinten
Radstand: 2860 mm
Spur: vorn-1480 mm; hinten-1434 mm
L x B x H: 4780 x 1760 x 1410 mm
Gewicht: 1290 kg
Bauzeit: 1967-1977
Stückzahl: 37406 Ex.
Preis: 1967-14150 DM; 1977-22700 DM