Bielefeld war einst ein Zentrum der Fahrrad,- und Motorradproduktion mit zeitweise über 70 Herstellern. Mehr als 20 Millionen Fahrräder wurden früher hier produziert. Jedes fünfte Fahrrad in Deutschland stammte in der Blütezeit des Zweirads aus Bielefeld. 1874 entstand hier auch die Fahrrad,- und Motorradmarke Göricke. Sie ist eine der ältesten Fahrradmarken Europas, die noch existiert, denn Göricke-Fahrräder werden auch heute noch von dem Löhner Unternehmen Panther International in ihren Zweigwerken gebaut
Anfangs verkaufte August Göricke Phönix-Nähmaschinen bis er in den 1880er Jahren begann sich, wie andere Bielefelder Unternehmen auch, ein zweites Standbein mit der Produktion von Fahrrädern aufzubauen. Ab etwa 1900 kamen motorisierte Fahrräder und dann Motorräder mit Einbaumotoren von Herstellern wie Kelecom, Zedel, JAP, MAG, Fichtel & Sachs sowie Ilo hinzu.
Die Fahrräder wurden im 19. Jahrhundert als „Westfalenräder“ und ab 1907 als „Görickeräder“ vertrieben, die dank ihrer hohen Qualität viele Abnehmer fanden. Bekannt waren die Fahrradmodelle von Göricke, die so klangvolle Namen wie Regina oder Lux trugen, für ihre robuste Rahmenkonstruktion und ihr elegantes Erscheinungsbild. Aber auch Besonderheiten zeichneten Göricke-Fahrräder oft aus. So besaß das abgebildete Exemplar von 1935 Felgen aus Holz. Die leichten und stabilen Holzfelgen hatten Vorzüge und boten Fahrkomfort. Allerdings waren sie teuer in der Produktion und schlecht mit Felgenbremsen zu vereinbaren. Karbidbeleuchtung hatten Fahrräder in den 30er Jahren oft, denn sie war haltbar und preisgünstig.
Görickefahrräder waren auch im Sport erfolgreich
So holte der Radrennfahrer Paul Guignard auf einem Görickerad 1909 den Weltrekord, als er in einer Stunde hinter einem Schrittmacher 101,6 km zurücklegte. Dieser Weltrekord wurde lange Zeit nicht gebrochen. Auch sonst war die Firma sportlich erfolgreich und unterhielt, wie auch andere Bielefelder Fahrradhersteller darunter Dürkopp, Rabeneick, Bastert oder Meister lange Zeit einen eigenen Rennstall.
Als das Motorradgeschäft in den späten 50er Jahren wegbrach, konzentrierte man sich bei Göricke auch in dieser Zeit ganz besonders auf die Fahrradproduktion und baute außerdem die damals beliebten Mopeds. Dennoch kämpfte man mit immer größeren finanziellen Schwierigkeiten
1964 wurden die Göricke-Werke schließlich von der Familie Schminke übernommen, die bereits einige Jahre zuvor die 1896 in Magdeburg gegründeten Panther-Werke aufgekauft hatte. Panther hatte wie Göricke Fahrräder und motorisierte Zweiräder gebaut. Die Panther-Werke wurden von den Schminkes nach Bad Wildungen transferiert, wohin dann auch die ursprüngliche Bielefelder Marke Göricke umzog. Nachdem die Familie Schminke auch die Löhner Rapier Fahrradwerke übernommen hatte, zog das Panther-Unternehmen 1971 ins westfälische Löhne, wo die Verwaltung und die Abteilung Produktdesign noch heute zu finden sind. Derzeit werden in tschechischen und rumänischen Zweigwerken der Firma Fahrräder mit und ohne Elektromotoren der Marken Göricke, Panther und Jaguar gebaut.
Fotos & Text: Marina Block