Früher waren Kühlerfiguren ein beliebtes Automobilaccessoire, das fast jedes Auto schmückte
Die Figuren symbolisierten entweder ( wie die nach einem Abbild von Eleanor Thornton geformte Spirit of Ecstasy (Emily) von Rolls-Royce oder die springende Großkatze der Marke Jaguar) die Corporate Identity des Unternehmens oder sie wurden einfach aus ästhetischen und manchmal auch mystischen Erwägungen gewählt. Seit es Autos gab, versuchten ihre Besitzer auch ihre eigene Individualität über das gewählte Automobil auszudrücken und gaben oft sogar spezielle Kühlerfiguren bei Künstlern in Auftrag. Lalique-Figuren etwa zählten zu den ganz besonderen Kostbarkeiten. Bald schon fanden sich große Angebote an Kühlerfiguren auch in den Zubehörkatalogen der Firmen. Nach dem zweiten Weltkrieg verschwanden Kühlerfiguren langsam aber sich aus dem Straßenbild. Zum einen passten erhabene Figuren nicht mehr zum modernen und meist glattflächigen Design der Fahrzeuge und zum anderen wurden sie in den 60er Jahren auch aus Sicherheitsgründen verbannt, weil sie den Sicherheitsstandards nicht mehr entsprachen. Bei einem Unfall bestand die Gefahr, dass Fußgänger oder Zweiradfahrer bei einem Aufprall von den hoch bauenden Figuren noch zusätzlich schwer verletzt werden konnten.
Die ersten drei Dekaden des 20. Jahrhunderts waren die große Zeit der Kühlerfiguren
Ihr Ursprung soll allerdings bereits in weit früherer Zeit einzuordnen sein. Noch vor der Erfindung und Verbreitung des Automobils verzierte 1827 ein englischer Erfinder auf seinen Entwürfen für einen dreirädrigen Dampfwagen, den er „Docudep“ nannte, selbigen mit einer kleinen Figur, die einen goldenen Vogel mit ausgebreiteten Schwingen darstellte. Gebaut wurde dieser Wagen allerdings nie. Den Schutzpatron der Reisenden, den St. Christopher, gab es schon recht früh auch als Kühlerfigur. So soll der spätere Lord Montagu of Beaulieu (übrigens war er der Auftraggeber für die Erschaffung der „Emily“ (Spirit of Ecstasy) von Rolls-Royce) 1899 zum House of Commons mit einem Automobil gefahren sein, dass eine solche Christopher-Figur trug. Sie zählte zu den Glücks-Emblemen, die vor allem in der Zeit zwischen 1910 und 1920 ihre große Zeit hatten. Das war kein Wunder, schließlich hatte es der Fahrer mit einer Maschine zu tun, die damals durchaus noch einige Tücken aufwies. Auch waren die Straßenverhältnisse derzeit ganz andere als heute und führten oft genug zu schwierigen Situationen. In die Kategorie der Glücksbringer und Abwender des unvorhersehbaren Desasters zählten unter anderem Teufelsfiguren , Gnome, Nymphen, Kobolde (La Bestioni Beast von 1919), Elfen, Buckelige (wie der Rigoletto), Narren, Affen und Totenköpfe. Aber auch der Polizist war kurioserweise eine sehr früh auftauchende Kühlerfigur, die um 1915 vor allem in England recht beliebt war. Eine noch frühere Kühlerfigur aus England war das geflügelte Rad des Austin Grand Prix-Rennwagens von 1908. Mythische Götter und Gestalten besaßen ebenfalls einen hohen Stellenwert als Kühlerfigur, wie der Sonnengott Ra, der geflügelte Ikarus, die Pferd/Menschgestalt Pegasus oder Zeus Bote Merkur. Auch Tierfiguren wie der tanzende Elefant (Bugatti), der Löwe (Lion-Peugeot),der springende Jaguar (ab 1936 für die Marke SS, aus der dann Jaguar wurde), der Greyhound-Windhund (Lincoln ab 1925), der fliegende Kranich (Hispano-Suiza), der Schwan (Citroen und auch einige Zeit Packard), die Libelle (Alvis), der Falke, der Adler und viele mehr waren immer sehr beliebt.
Als permanentes Markensymbol wurde eine spezielle Kühlerfigur erst ab den 20er Jahren verstärkt genutzt
Den Herstellern war nun bei dem wachsenden Angebot an Automobilen ein hoher Wiedererkennungswert sehr wichtig. Natürlich wählte man ganz besondere Figuren. Schließlich sollten sie die Marke symbolisieren. Gemeinsam war fast allen Figuren, dass ihre Darstellung eine gewisse Dynamik ausstrahlte. Tierfiguren konnten sich in dieser Zeit als Markensymbole durchsetzen, wie der Kranich/Storch für Hispano-Suiza, der Löwe für Peugeot oder der stilisierte Vogel Cocotte im Art-Deco-Stil bei Voisin. Bentley wählte das geflügelte B, Armstrong Siddeley die Sphinx, Packard die ein Rad tragende Goddess of Speed, Rolls-Royce die Spirit of Ecstasy, Mercedes-Benz den Stern, Pontiac den Indianerkopf und Stutz den Kopf des Sonnengottes Ra. Bereits in den 30er Jahren favorisierten einige Hersteller Symbole des technischen Fortschritts als Kühlerfigur, wie etwa Opel. Bis in die frühen 60er Jahre, am Ende in stilisierter Form, sollte hier der Zeppelin die Motorhauben schmücken bis das Blitzemblem die Deutungshoheit vollständig (in den 50er Jahren bereits am Opel Blitz) übernahm. Für futuristische, fliegende Objekte, stilisierte Flugzeuge, Jets und Schnellzüge hatten besonders die Amerikaner viel übrig, das zeigte sich auch am Flugzeugemblem von Hudson, den Flugzeugemblemen von Mercury, Oldsmobile und Kaiser oder der Symbiose aus stilisiertem Indianerkopf und Düsenjäger bei Pontiac. Chevrolet verwendete sowohl Flugobjekte als auch Schnellzüge als Emblem.
Fotos & Text: Marina Block