unbekannter Hersteller - Sportkinderwagen (1960)

In den 50er und 60er Jahren gab es eine enorme Vielfalt an Kinderwagenbauern in Deutschland, die über das ganze Land verteilt waren. Traditionell siedelte sich in Gegenden, in denen eine etablierte Holz-, und Möbelindustrie existierte oder in Gegenden, in denen das Korbflechterhandwerk zu Hause war, auch der Kinderwagenbau an. Auch aus Stellmachereien und aus eisenverarbeitenden Betrieben ging er gelegentlich hervor. Zwei große Zentren des Kinderwagenbaus mit vielen Herstellern waren Zeitz in Sachsen-Anhalt und Mittel,- und Oberfranken, zu denen die Städte Rothenburg ob der Tauber oder auch Redwitz zählten

Einer der ersten deutschen Kinderwagenproduzenten war Ernst Albert Naether aus Zeitz, der sein Unternehmen 1846 gründete. In Zeitz kam es, inspiriert von der englischen Kinderwagenindustrie, zu einem regelrechten Boom an Kinderwagenproduzenten. 1875 machten schon 13 Zeitzer Hersteller von sich Reden. Ernst Albert Naether war der erste Hersteller, der für Babys geeignete Kinderwagen mit Liegefläche gebaut hatte. Es waren hohe Gebilde mit großen Rädern, die über einen Korb mit Verdeck verfügten und anfangs zum Ziehen aber bald auch zum Schieben waren. Die erste Kinderwagenfabrik entstand hingegen im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert in England. Charles Burton baute ab 1840 als erster in großem Stile Kinderwagen, die allerdings nicht für Babys, sondern für sitzende Kleinkinder gedacht waren. Diese „Perambulator“ genannten Gefährte zum Schieben besaßen drei Räder, wie die heutigen Sportwagen. Kinderwagen mit kleinen Rädern und langen Schubvorrichtungen gab es ab den späten 20er Jahren des 20. Jahrhunderts. Gebaut wurden sie bis in die späten 50er und manche Sportversion sogar bis in die 60er Jahre hinein, wobei man sich ab den 30er aber vor allem in den 40er und 50er Jahren immer stärker am Automobildesign orientierte und die Kinderwagen zudem auch technisch weiter entwickelte und ihnen bequeme Federungssysteme gönnte. Anfangs waren die Sitz-oder Liegeflächen der Kinderwagen meist aus Weidengeflecht. Später lösten Holz und in den 20er Jahren Blech- und Aluminiumkästen den Weidenkorb ab. Nach dem 2. Weltkrieg fuhren die Kleinen auf Riemen- und Rohrfedergestellen und mit Ballonbereifung schon recht komfortabel.

Niedrige Sportkinderwagen für Kleinkinder waren in den 50er und 60er Jahren sehr gefragt und wurden von fast allen Kinderwagenherstellern angeboten

Der abgebildete Sportwagen eines unbekannten Herstellers besaß wie die meisten Kinderwagen in den 50er und 60er Jahren eine vom Automobildesign inspirierte Formgebung mit ausgeprägten und großvolumigen Kotflügeln für die kleinen Scheibenräder. Die Sitzumrandung war mit einem relingartigen Haltegriff versehen. Es wurde bei Sportkinderwagen ein immer größerer Wert auf eine leichte und praktische Bauweise gelegt. So bestanden die Seitenflächen dieses Sportkinderwagens aus witterungsbeständigem Kunststoff, der mit Druckknöpfen an die Reling angeknüpft wurde. Ein leichter Metallbügel, der die einfache Rücklehne hielt, ließ sich in mehreren Stufen verstellen, so dass verschiedene Sitzpositionen wählbar waren. Außerdem ließ sich der komplette Oberbau mittels eines Scherenmechanismus flach zusammenklappen.

Fotos & Text: Marina Block

Bilder

Informationen:

Markeunbekannter Hersteller
ModelSportkinderwagen
Baujahr1960

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