Wie der VW Käfer, der intern Typ 1 genannt wurde, für sich reklamieren konnte, eines der am meisten verkauften Automodelle der Welt gewesen zu sein, kann es der intern Typ 2 genannte VW Bulli im Bereich der Transporter. Seine Erfolgsstory wird heute bald mit der siebten Generation fortgeschrieben, nachdem die ersten Generationen schon seit langem einen Kultstatus erreicht haben und neben ihrer ökonomischen Bedeutung in der Wirtschaftswunderzeit auch als „Hippie-Bus“ das Lebensgefühl und die Abenteuerlust einer ganzen Generation symbolisieren
Entwickelt wurde der Transporter 1949, vorgestellt hatte VW ihn 1950. Von der ersten Version, dem T1 wurden bis 1967 als ihn der T2 ablöste gut 1,8 Millionen Exemplare verkauft.
Die Idee zu dem Transporter stammte von Ben Pon, dem niederländischen Generalimporteur für Volkswagen
Ben Pon kam auf die Idee ein Transportfahrzeug auf Käfer-Basis für den niederländischen Markt zu schaffen, da dort Nutzfahrzeuge, wie überall, dringend gebraucht wurden und in den Niederlanden dafür keine Steuern anfielen. Bei seinem ersten Entwurf saß der Fahrer hinter der Ladung, was die niederländischen Behörden allerdings ablehnten. Sein zweiter Entwurf war ein Kastenwagen, bei dem der Fahrer weit vorn saß und der Motor im Heck unter dem Boden des Laderaums platziert wurde. So entstand das Konzept des VW Bullis, das in Wolfsburg auf Interesse stieß. Daraufhin wurde in Zusammenarbeit mit VWs Generaldirektor Heinrich Nordhoff mit Radclyffe Hirst von den Briten (Wolfsburg lag in der britischen Besatzungszone) der Weg zum Volkswagen Transporter geebnet. Nach Ben Pons Konzept wurde in der VW Entwicklungsabteilung dann der T1 Transporter erschaffen, dem VW allerdings anfangs gar keine großen Chancen einräumte. Deshalb versuchte man auch, ihn ohne großen Entwicklungsaufwand herzustellen. So war vieles an der Technik des T1 zusammengesucht, vom Käfer kam dieses und vom Kübelwagen jenes.
Der T1 besaß einen vom Käfer stammenden luftgekühlten ohv Vierzylinder-Boxermotor im Heck unter dem Laderaum mit anfangs 1131 ccm Hubraum, eine drehstabgefederte hintere Pendelachse mit Vorgelege (Portalachse vom Kübelwagen), eine Doppel-Kurbellenker-Vorderachse, Heckantrieb und eine selbsttragende Ganzstahlkarosserie mit einem verschweißten Hilfsrahmen aus Längs,- und Querträgern
Die Portalachse des VW Kübelwagen bescherte dem T1 eine miserable Straßenlage, auch wenn sie durch die höhere Bodenfreiheit anfangs das Image des T1 als Expeditionsfahrzeug förderte. Zudem lag mit der Portalachse, dem Heckmotor und Heckantrieb das meiste Gewicht hinten und man hatte beim Fahren oft das Gefühl, das Heck würde die Front überholten. Später bekam der T1 eine normale Hinterachse. Als Lieferwagen war der T1 eigentlich nur mäßig geeignet, da man ihn von hinten nicht beladen konnte. Und auch die Haltbarkeit des Motors war recht begrenzt (oft war bereits nach 60000 km Schluss), weil er als Arbeitstier meist sehr stark gefordert oder auch überfordert wurde. Das vielleicht schwerwiegendste Handicap aber war die Rostanfälligkeit. Es gab keine Rostschutzgrundierung und nahezu der gesamte Bereich der unteren Karosserie fiel dem Rost anheim. Auch der Hilfsrahmen war davon betroffen, zudem der Bereich um die Frontscheiben, die Rahmen aller Ausstellfenster, der Abschluss des Frontblechs zum Bodenblech, etc. Deshalb ist es heute auch so schwierig, einen wirklich gut erhaltenen T1 zu finden.
Die Form des Bullis überdauerte in ihren wesentlichen Elementen Jahrzehnte. Ansonsten wurde er stetig weiterentwickelt, bekam vorn Duplexbremsen, eine bessere Belüftung, mehr Hubraum und mehr Leistung. Die abgerundete Formgebung des bald in vielen Variationen angebotenen Transporters (Kleinbus, Kombi, Kastenwagen, Pritschenwagen, Camper mit Ausbau von Westfalia etc.) sprach die Menschen an. Sein Spitzname „Bulli“, entstand entweder aus den Anfangsbuchstaben von „Bus“ und „Lieferwagen“ oder aus der Tatsache, dass er etwas „bullig“ wirkte. In den USA und in anderen englischsprachigen Ländern, wohin der T1 ebenso wie der Käfer erfolgreich exportiert wurde, nannte man ihn bald wegen der geteilten Frontscheibe einfach Splitty, da der Ausdruck „bully“ im Englischen negativ behaftet war.
Der Bulli begleitete das Wirtschaftswunder und war in dieser Zeit eines der wichtigsten kleineren Nutzfahrzeuge. Das lag vielleicht auch daran, dass der wirtschaftlich starke VW-Konzern anderen Nutzfahrzeugen im Kleintransportbereich wie dem DKW Schnellaster oder dem Tempo den Garaus gemacht hatten
Die Variationsbreite des Bullis war enorm. So wurde er bald in einer wachsenden Anzahl an Sonderausführungen angeboten, für jeden Geschäftszweig gab es den passenden Transporter und transportiert wurde so ziemlich alles. Es gab ihn als Milchwagen, Eiswagen, als Kühlwagen, als Werkstattwagen, als Leichenwagen, als Krankenwagen oder als Postauto. Er wurde als Transporter am Flughafen eingesetzt, fand Verwendung als Müllwagen, wurde mit Pritsche und einem Kehrvorsatz als Kehrmaschine oder mit einem Schiebevorsatz als Schneepflug eingesetzt, diente als Mannschaftswagen der Polizei und wurde, wie in unserem Fall, bei der Feuerwehr dienstverpflichtet.
Das abgebildete Exemplar von 1955 ist ein sehr früher T1 und wegen seines herausragenden Zustands eine richtige Ausnahmeerscheinung
Da dieser T1 nach seiner ersten Zeit bei der Feuerwehr in eine Holzhandlung nach Münster kam, hatte Rost bei ihm keine Chance, denn das gelagerte Holz saugte fast alle Feuchtigkeit in der Umgebung auf. Als früher T1 besitzt er noch Winker statt Blinker, nur ein Bremslicht und ein Rückfenster mit Drähten, als eine Art Sicherheitsglas (keine beheizbare Heckscheibe). Da übrigens damals rote Autos keine normalen Winker haben durften (man meinte wohl, die könnten leicht übersehen werden) mussten sie Pendelwinker tragen. Die erste Verbesserung am T1 war übrigens eine Belüftung im Kopfbereich.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: ohv Vierzylinder-Boxermotor
Hubraum: 2262 ccm
B x H: 77 x 64 mm
Leistung: 30 PS bei 3400 U/min
Verdichtung: 6,6:1
Vergaser: Fallstromvergaser
Höchstgeschwindigkeit: 90 km/h
Getriebe: Vierganggetriebe, Mittelschaltung
Lenkung: Rosslenkung
Karosserie: selbsttragende Ganzsstahlkarosserie mit Längs,- und Querträgern
Vorderradaufhängung: Doppel-Kurbellenkerachse, zwei Torsionsstabfedern quer
Hinterradaufhängung: Pendelachse mit Vorgelege, querliegende Torsionsstabfedern
Bremsen: hydraulische Trommelbremsen
Radstand: 2400 mm
L x B x H: 4280 mm x 1750 mm x 1940 mm
Gewicht: 1140 kg
Verbrauch: ca. 9l/100 km
Bauzeit: 1950-1967-T1
Stückzahl: ca. 1,8 Millionen Ex.-T1