Ehemalige BMW-Angestellte, darunter der Ingenieur Ernst Loof und Lorenz Dietrich fanden sich kurz nach dem Krieg im badischen Meßkirch zusammen um unter dem Markennamen Veritas Rennwagen sowie Rennsportwagen auf der Basis des BMW 328 zu bauen. Die Renner von Veritas zählten damals zu den erfolgreichsten der Welt und fuhren unzählige Siege ein
In einer Zeit als die Menschen froh waren, wenn sie etwas zu essen hatten, baute Ernst Loof und sein Team Rennwagen, die bald so erfolgreich waren, dass nahezu jeder Sportinteressierte den Namen Veritas kannte. Hunderttausende von Zuschauern kamen zu den Rennen um Veritas-Wagen siegen zu sehen. Viele bald allseits bekannte Fahrer begannen ihre Nachkriegskarriere auf Veritas wie der spätere Auto Motor und Sport Verleger Paul Pietsch, Karl Kling, Hermann Lang und etliche andere.
Natürlich war es nahezu unmöglich allein mit dem Bau von Rennwagen und Rennsportwagen genug Geld zu verdienen. Nach der Währungsreform dachte man daher bei Veritas um und kam zu der Überzeugung, dass nur der Bau von Straßensportwagen und der Bau eines weniger kostspielen Modells, des Dyna-Veritas, eines auf Panhard-Dyna-Basis entwickelten und beim Karosseriehaus Karl Baur gebautes Fahrzeug, das Überleben der Firma sichern könne
Einige Sportcoupés und Cabriolets entstanden bereits in Meßkirch. Doch um eine angestrebte Serienproduktion von Sportwagen umsetzen zu können, zog das Unternehmen in größere Räumlichkeiten nach Rastatt-Muggensturm. Entwickelt wurden die neuen Veritas-Seriensportwagen im Tessiner Konstruktionsbüro von den Veritas-Mitarbeitern Ingenieur Zipprich (war zuvor an der Entwicklung des bei Heinkel gebauten Veritas-Sechszylindermotors maßgeblich beteiligt), Karl Schäfer und Karl Rech. In Rastatt sollten neben dem schon zuvor gebauten Rennwagen Meteor und dem RS, das Comet S-Coupé, das Scorpion-Cabriolet, das Saturn-Coupé und eine Limousine (wurde nie gebaut) entstehen. Die neuen Sportwagen waren mit einem Fünfganggetriebe, einem 12-Volt-Generator, einer De Dion-Hinterachse, einer Doppelölpumpe und einer Zweikreisbremsanlage bestens ausgestattet, weit besser als andere Sportwagen sogar jüngeren Datums. Die windschlüpfrigen Karosserien, die wie Weiterentwicklungen der 1940/41 von Touring gebauten BMW-Spezialroadster-Aufbauten wirkten, wurden vom Karosseriehaus Spohn aus Ravensburg hergestellt, das vor dem Krieg vor allem mit Aufbauten für Maybach bekannt wurde. Trotz all den Bemühungen blieb die finanzielle Lage des kleinen Sportwagenproduzenten mit dem großen Rennsportnamen (8 Deutsche Meisterschaftstitel und unzählige erste Plätze) ohne Fördermittel und ausreichende staatliche Kredite brisant und man steuerte in den Ruin.
Nachdem Veritas 1950 in Konkurs gegangen war und sich Ernst Loof und Lorenz Dietrich getrennt hatten, zog Loof zusammen mit einigen ehemaligen Mitstreitern an den Nürburgring und baute dort das Modell „Nürburgring“ als Rennsportwagen und als Luxussportwagen in Coupé,- und in Cabriolet-Ausführung
Mit Maschinen und einigem Material ging es an den Nürburgring in die Hallen, wo vor dem Krieg die Rennwagen der Auto Union präpariert wurden. Dort gründete Loof Veritas neu als Veritas-Automobilwerke Ernst Loof GmbH Nürburgring. Mit Hilfe der finanziellen Unterstützung einiger Industrieller baute Ernst Loof hier ab 1951, neben seiner Tätigkeit als Tuningspezialist für Rennwagen und Betreuer der verbliebenen Meteor-Renner und RS, einen Nürburgring Rennsportwagen und das Modell Nürburgring als Luxussportwagen. Von diesem sehr exklusiven Fahrzeug mit aufwendiger De Dion-Hinterachse, Fünfganggetriebe und luxuriöser Ausstattung entstanden circa 20 handwerklich zusammengebaute Exemplare in offener und geschlossener Ausführung. Ausgestattet waren sie mit flachen Ponton-Karosserien von Spohn. Bis 1953 trugen sie den bei Heinkel gebauten Sechszylinder-Motor. Nachdem Heinkel die Produktion des Sechszylindermotors angeblich wegen Unwirtschaftlichkeit im Laufe des Jahres 1953 eingestellt hatte (es heißt auch, die Motoren hätten erhebliche Mängel gehabt), musste Loof für seine Veritas auf andere Triebwerke zurückgreifen. So wurden die letzten Veritas-Exemplare entweder mit einem Opel-Sechszylinder oder mit dem Sechzylindermotor aus dem Ford Zephyr (allerdings mit dem für die Londoner Polizeifahrzeuge überarbeiteten Motor) bestückt, der weit zuverlässiger als der Heinkelmotor und sehr leistungsstark war. Dennoch spitzte sich die finanzielle Situation bei Veritas weiter zu und Ernst Loof musste erneut in Konkurs gehen. Die Reste der Firma wurden von BMW aufgekauft. Insgesamt sind von Veritas letztlich nur ca. 80 Wagen gebaut worden. Wohl keine andere Autofirma hat mit einer so geringen Produktionszahl eine derart große Berühmtheit erlangt wie Veritas.
Der im Museum ausgestellte Nürburgring besitzt einen Ford Zephyr-Motor in der Raymond Mays-Ausführung
Raymond Mays war ein britischer Rennfahrer und Motorentuner, der vor allem Fordmotoren leistungsstärker gemacht hatte. Die Londoner Polizeibehörde hatte seine Firma gebeten, einen Umrüstsatz für die serienmäßigen Ford Zephyr Dienstfahrzeuge zu entwickeln. Es entstand ein komplett neu entwickelter Aluminiumzylinderkopf, mit größeren Einlassventilen, zwei 3-in-1 Auspuffkrümmern und eine neu angefertigte Ansaugbrücke, bestückt mit zwei serienmäßigen Querstrom-Vergasern. Diese verliehen dem Motor 105 PS. In die Veritas wurden eben solche von Mays überarbeiteten Zephyr-Motoren mit zwei Vergasern eingebaut. Wegen der schlechten Versorgung des ersten und des sechsten Zylinders wurde der abgebildete, auf einem Schrottplatz in Iowa entdeckte Nürburgring, der sehr gut geht, mit drei Vergasern ausgestattet.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: ohv Reihensechszylinder
Hubraum: 1988 ccm
B x H: 79,3 mm x 76,2 mm
Verdichtung: 7,5:1
Leistung: 110 PS bei 5000 U/min
Höchstgeschwindigkeit: ca. 170 km/h
Vergaser: 3 Querstrom-Vergaser
Getriebe: Fünfganggetriebe
Rahmen: Rohrrahmen
Vorderradaufhängung: doppelte Dreiecksquerlenker, Drehstabfedern
Hinterradaufhängung: De Dion-Achse, Drehstabfedern
Bremsen: hydraulische Leichtmetall-Trommelbremsen
Radstand: 2600 mm
Länge: ca. 4250 mm
Gewicht: ca. 1100 kg
Preis: 21500 DM-Cabriolet
Bauzeit: 1951-1953
Stückzahl: nicht genau bekannt, etwas über 20 Ex.