Die Favorit Fahrzeugbau GmbH aus Berlin baute zwischen 1933 und 1939 Motorräder
Anfangs produzierte Favorit hauptsächlich einige große Modelle mit seitengesteuerten 996 ccm Jap-V2-Motoren. Als der Bezug ausländischer Produkte in der NS-Zeit immer schwieriger wurde und schließlich unmöglich war, konzentrierte man sich bei der Seitenwagen,- und Fahrzeug GmbH in Berlin ab 1936 auf die Produktion von leichten Motorrädern mit 98 ccm und 123 ccm Fichtel & Sachs-Einbaumotoren sowie auf den Bau von Seitenwagen.
Das Modell Favorit 100 von 1936 bewarb der Berliner Konfektionär als Volksmotorrad und peilte damit hohe Produktionszahlen an, die allerdings in der Realität keineswegs erreicht wurden
Nachdem Fichtel & Sachs in den 30er Jahren sehr zuverlässige Einbaumotoren entwickelt hatte, wurden diese Einzylinder-Zweitaktmotoren von unzähligen Konfektionären geordert, um sie in die von ihnen gebauten Fahrgestelle einzubauen. Das war natürlich eine weit kostengünstigere Lösung, als selbst Motoren zu entwickeln und zu bauen. Der 98er Fichtel & Sachs-Zweitaktmotor mit 2,25 PS und Motorblock sowie Zylinderkopf aus Aluminium war ein enorm zuverlässiger und unverwüstlicher Motor, obwohl er eigentlich schon als etwas veraltet galt, da er nicht mit der Schnürle-Umkehrspülung arbeitete und noch einen Nasenkolben besaß. Dennoch war dieser Motor damals einer der populärsten Motoren für leichte Zweiräder. Die Version mit Pedale war bei den meisten Konfektionären am beliebtesten, weil die Leute das vom Fahrrad her kannten und diesen Motor bevorzugten. Dass Favorit die Ausführung mit Kickstarter verwendete, hatte mehrere Gründe. Zum einen lag es an der Verkaufsstrategie von Fichtel & Sachs, die erst einmal ihre größten Kunden mit dem begehrten Modell mit Pedale belieferten und so für kleinere Abnehmer oft die Version mit Kickstarter wegen Lieferengpässen übrig blieb. Andererseits könnte Favorit die Ausführung mit Kickstarter auch gern verwendet haben, weil das natürlich einen weit sportlicheren Eindruck machte und wie ein „richtiges“ Motorrad wirkte. Auf jeden Fall brachte der Motor genug Leistung, so dass die Favorit nicht zum Verkehrshindernis wurde und machte das Modell zu einem recht begehrten Transportmittel. Eingebaut war der Zweitaktmotor bei der Favorit in einen stabilen, geschlossenen Rohrrahmen. Das 19“ Vorderrad wurde von einer Parallelogrammgabel geführt, das Hinterrad wurde starr aufgenommen. Ausgestattet war die Favorit mit einem über eine Kulisse am Satteltank geschalteten Zweiganggetriebe. Für die Zündung war ein Schwungrad-Lichtmagnetzünder von Bosch zuständig.
Die Favorit verfügte über eine gute Ausstattung
So besaß das circa 70 kg schwere Zweirad einen bequemen Sattel, einen großen Satteltank, einen Gepäckträger, einen großen Scheinwerfer, ein separates Rundinstrument mit Tacho und Kilometerzähler, Kettenschutz und einen Mittelständer. Neben diesem Modell bot Favorit auch noch eine weitere Version mit dem größeren Fichtel & Sachsmotor von 123 ccm Hubraum an.
Die abgebildete Favorit war einst ein Sperrmüllfund
Ein Mitarbeiter des Museums hatte nämlich vor vielen Jahren mit den Leuten von der Sperrmüll-Abfuhr einen Deal gemacht, dass sie ihm Zweiräder, die für den Sperrmüll an die Straße gestellt wurden, überließen, um sie vor der Zerstörung zu retten. Und so lag eines Tages diese Favorit vor der Haustür, allerdings natürlich in einer ganz anderen Verfassung als heute, denn sein Sohn hatte sich ihrer angenommen und das Fahrzeug wieder in einen fahrbaren Zustand versetzt.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: Einzylinder-Zweitaktmotor von Fichtel & Sachs
Hubraum: 98 ccm
B x H: 48 mm x 54 mm
Verdichtung: 5,4:1
Leistung: 2,25 PS bei 3500 U/min
Vergaser: F & S Kolbenschiebervergaser
Zündung: Bosch Schwungrad-Lichtmagnetzünder
Getriebe: Zweigangetriebe, Kulissenschaltung
Kupplung: Zweischeiben-Korklamellenkupplung
Vorderradaufhängung: Parallelogrammgabel
Hinterradaufhängung: starr
Radstand:1260 mm
Länge: ca. 1990 mm
Gewicht: ca. 70 kg
Tankinhalt: ca. 7 l
Bauzeit: 1936-1939
Preis: 330 RM