Autos hatte NSU bereits von 1906 bis 1928 gebaut. Doch Ende der 20er Jahre kamen die Neckarsulmer in finanzielle Schwierigkeiten und verkauften das Heilbronner Automobilwerk an Fiat. Die Italiener nutzten den Standort lange Zeit als Montagewerk für ihre Produkte. Die dort entstandenen Fahrzeuge erhielten die Markenbezeichnung NSU-Fiat
Mit dem Verkauf ihres Automobilwerks hatte NSU sich 1929 dazu verpflichtet keine Autos mehr zu bauen. Man konzentrierte sich fortan auf die Motorradproduktion und avancierte zum größten Motorradbauer der Welt. Für Fiat war die Bezeichnung NSU-Fiat für die in Deutschland montierten Fahrzeuge wichtig, um eine Markenidentität mit der inländischen Traditionsmarke NSU aufrecht zu erhalten und ihr gut ausgebautes Händlernetz optimal zu nutzen.
Nach dem Krieg begann man mit der Produktion in Heilbronn erst wieder 1953
Neben dem Topolino lief als frühes Modell der NSU-Fiat 1100, der bald Neckar genannt wurde, in Heilbronn vom Endmontageband. Von seinem italienischen Pendant unterschied sich das in Deutschland gefertigte Modell lediglich in nur wenigen äußeren Details und in der Verwendung einiger Bauteile deutscher Fabrikation.
Der NSU-Fiat Neckar war ein kompaktes und modernes Fahrzeug mit selbsttragender, viersitziger und viertüriger Pontonkarosserie, umklappbarer Rücksitzbank und einem mittig im Kühlergrill platzierten Nebelscheinwerfer, den der Fiat 1100 nicht besaß und der an der vierten Serie des Neckar nicht mehr zu finden war
Dieser Nebelscheinwerfer sollte nämlich bald für Ungemach sorgen, denn auch Dampflokomotiven hatten drei Scheinwerfer und die Bürokratie meinte, das könnte andere Autofahrer nachts verwirren. Daher wurde ein dritter Scheinwerfer an Autos verboten und der Nebelscheinwerfer des Neckar wurde durch eine Hupe ersetzt. Glücklicherweise hatte der Besitzer des abgebildeten Exemplars aus der dritten Neckar-Serie den Nebelscheinwerfer behalten.
Der Neckar zeichnete sich trotz seiner geringen Größe durch Geräumigkeit und praktische Details aus
Da alle Türen des Neckar von 1960 an den B-Säulen angeschlagen waren, ließ es sich recht komfortabel aus,- und einsteigen. Sehr praktisch war auch die umklappbare Rücksitzbank, denn sie ermöglichte eine große ebene Ladefläche, die sich dank der großen Kofferraumklappe bequem beladen ließ. Auch wenn dieser NSU-Fiat recht schmal gebaut war, blieb den Passagieren genug Bewegungsfreiheit, da es vorn ebenfalls eine durchgehende Sitzbank gab und auch die Lenkradschaltung wenig Raum einnahm. Außerdem war die Übersichtlichkeit dank großer Fensterflächen und einer gewölbten Panoramaheckscheibe recht gut.
Als NSU in den 50er Jahren gegen die frühere Absprache mit Fiat wieder Autos zu bauen begann, kam es vor allem in Exportländern zu Irritationen wegen des von beiden Herstellern verwendeten Markennamens „NSU“. Außerdem visierten beide Unternehmen mit ihren Kleinwagen dieselbe Zielgruppe an
Nach einigen heftigen gerichtlichen Auseinandersetzungen einigten sich NSU und Fiat schließlich gütlich. NSU blieb beim eigenen Namen und NSU-Fiat nannte sich schließlich Neckar Automobil AG und vermarktete seine Produkte unter dem Namen Neckar. 1970 wurde die Montage in Heilbronn eingestellt.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: ohv Reihenvierzylindermotor
Hubraum: 1089 ccm
Leistung: 40 PS
Vergaser: Fallstromvergaser
Höchstgeschwindigkeit: 125 km/h
Beschleunigung: 29 sec. von 0 auf 100 km/h
Getriebe: Vierganggetriebe, Lenkradschaltung
Antriebsart: Heckantrieb
Karosserie: selbsttragende Ganzstahlkarosserie
Vorderradaufhängung: Doppelquerlenker, Schraubenfedern, Querstabilisator
Hinterradaufhängung: Starrachse, Blattfedern, Querstabilisator
Bremsen: hydraulische Trommelbremsen
Radstand: 2340 mm
L x B : 3920 mm x 1510 mm
Gewicht: 880 kg
Bauzeit: 1953-1965 in vier Serien (auf Basis des Fiat 1100-103)
Stückzahl: 159731 Ex.
Preis: 5500 DM