Mitten in der Weltwirtschaftskrise kaufte das Osnabrücker Textil-Unternehmen Leffers diesen seltenen Buick mit 5,4 l Reihensechszylindertriebwerk und löste für ihn zudem die Kfz-Steuer auf alle Ewigkeit ab
Anfang der 30er Jahre war das noch möglich. Durch eine Zahlung von RM 1026,50 wurde die Steuer für immer beglichen. Diese Abmachung gilt auch heute noch. Gebaut wurde dieser luxuriöse Buick mit elegantem, langem und niedrig gehaltenem Limousinenaufbau der Fisher-Body Corporation, der sieben Personen Platz bot, im Berliner Werk von General Motors deutscher Tochtergesellschaft (Berlin-Borsigwalde). Buicks wurden in Deutschland neben Vertretern anderer GM-Marken zuerst in Hamburg und dann von 1927 bis 1931 in Borsigwalde montiert. Buick-Cabriolets aus Borsigwalde besaßen meist Gläser-Aufbauten. Horch wurde nicht nur mit den gleichen Gläser-Aufbauten beliefert, so dass sich Buick und Horch-Cabriolets optisch lediglich durch den Schriftzug und das Kühlergesicht unterschieden, sondern Horch kopierte für sein 1930er Modell auch den Limousinen-Aufbau von Fisher.
Von dem abgebildeten Buick entstanden weltweit 1930 nur 690 Exemplare dieser Art. Das war nicht verwunderlich, denn die Weltwirtschaftskrise setzte dem Premiumhersteller enorm zu. Schließlich hatte seine Kundschaft beim Börsencrash zumeist viel Geld verloren und beschäftigte sich gerade mit anderen Dingen als mit neuen teuren Automobilen. Hierzulande kostete der Buick 60 L Sedan damals 12500 RM.
1930 kam Buick mit den neuen Baureihen Series 50 und Series 60 heraus, die die Serien 121 und 129 ersetzten
Die Series 50 sollte die neuen Einstiegsmodelle abdecken, was zuvor die gerade erst eingeführte Series 40 für ein Jahr übernommen hatte und dann erst 1934 erneut wieder aufnahm . Die Series 60 stellte 1930 das Topmodell dieser amerikanischen Marke dar. Diese Position musste sie im Jahr darauf an die neu geschaffene Modellreihe Series 90, aus der später der Limited wurde, abgeben. Ab 1936 erhielt die Series 60 die Bezeichnung Century Series 60. Schließlich sollte „The Banker's Hot Rod“, wie die Fahrzeuge dieser Reihe im Volksmund bald hießen, schon im Namen die erreichbare Höchstgeschwindigkeit von 100 mph deutlich zum Ausdruck bringen.
Innovative und zuverlässige Motoren spielten bei Buick schon immer eine große Rolle. 1931 brach bei dieser Marke das Zeitalter des Reihenachtzylinders an, der dank seiner Leistungsfähigkeit und Robustheit zu ihrem Wahrzeichen avancierte. Der mit 5,4 l Hubraum größte ohv Sechszylindermotor wurde bei der Series 60 nur im Einführungsjahr 1930 eingesetzt
Mit Harlow Curtice, der von AC Spark Plug kam und 1934 zum neuen General Manager von Buick wurde, sollte sich vieles ändern, denn er schafft es 1936 mit überarbeiteten Baureihen und neu eingeführten Namen wie Century, Limited, Special und Roadmaster die vom Börsencrash und einer gewissen Planlosigkeit in der Firmenpolitik ausgelöste kommerzielle Talfahrt der ältesten Division des General Motors Konzerns zu stoppen. Nicht nur die gesteigerte Leistungsfähigkeit des Achtzylindertriebwerks und ein verbessertes Fahrwerk standen für ihn im Mittelpunkt sondern vor allem auch ein modernes und ansprechendes Design fand Harlow Curtice für den Verkaufserfolg ausschlaggebend. Wie recht er mit der Entscheidung einer Komplettüberarbeitung der Buicks samt einem neuen, dynamischeren und stärker stromlinienförmigem Styling von Harley Earls Designabteilung hatte, zeigten die deutlich gestiegenen Verkaufszahlen, nachdem er die Regie übernommen hatte.
Der Century Series 60 war ein voller Erfolg, verkaufte sich blendend und wurde als Modellreihe auch nach dem Krieg in modernisierter Formgebung weiter gebaut. In Deutschland endete die Montage allerdings bereits Anfang der 30er Jahre
Hier kam es nach dem Modelljahrgang von 1931 zum Produktionsstopp im GM-Montagewerk Berlin-Borsigwalde, weil die Auslastung zu gering geworden war.
Im Vergleich zu deutschen Automodellen jener Zeit und jener Klasse hatten die Buicks etliche Vorzüge
So besaßen sie eine wesentlich bessere Straßenlage, waren bedienungsfreundlicher konzipiert und besser ausgestattet. Außerdem waren sie viel schneller und weit preisgünstiger. Selbst ein damals hochgelobter Horch schnitt schlechter ab als ein Buick.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: ohv Reihensechszylinder
Hubraum: 5364 ccm
B x H: 95,25 mm x 127 mm
Verdichtung: 4,5 : 1
Leistung: 100 PS bei 3400 U/min
Vergaser: Stromberg-Vergaser
Getriebe: Dreigangetriebe mit Mittelschaltung
Kupplung: Einscheiben-Trockenkupplung
Radstand: 3350 mm
Chassis: Kastenrahmen mit Kreuzverstrebung
Vorderradaufhängung: starr, Halbfedern
Hinterradaufhängung: Starrachse, Blattfedern
Karosserie: viertüriger Limousinenaufbau von Fisher Body Corporation
Bremsen: Servo-Innenbackenbremsen
Reifen: 6.50-19“
Preis: viertürige Fisher-Limousine- 12500 RM
Stückzahl: Buick Series 60 L Sedan von 1930– 690 Ex.; Buick Series 60 von 1930-10216 Ex.