Der Hamburger Carl F.W. Borgward, der 1928 die Goliath-Werke Borgward & Co. GmbH in Bremen gründete und wenig später auch Hansa-Lloyd hinzukaufte, baute unterstützt durch die große Nachfrage nach seinen kleinen Nutzfahrzeugen und leichten LKWs einen Konzern auf, der in den 50er Jahren dank der Erweiterung des Sortiments auf interessante Mittelklassemodelle zum drittgrößten Automobilproduzenten Deutschlands avancierte und dessen elegante Borgward Isabella zur Legende wurde.
In den 30er und auch in den späten 40er und frühen 50er Jahren war es vor allem der dreirrädrige Lieferwagen Goliath in all seinen Versionen, der die Grundlage des Borgward-Konzerns bildete. Dann kam mit der ersten deutschen PKW-Neukonstruktion nach dem Krieg in den 40er/50er Jahren der erfolgreiche Borward Hansa 1500/1800 und schließlich mit dem neuen Borgward Hansa 1500 von 1954 die fortschrittliche und elegante Borgward Isabella, die dank ihrer Popularität und Berühmtheit vor allem in der Coupéform den Namen Borgward wohl nie in Vergessenheit geraten lassen wird.
Weit weniger Popularität als seine große Schwester und auch als sein eigentlich schlechter konstruierter Konkurrent Ford 12m erreichte hingegen das erst als Goliath 1100 herausgebrachte und dann in Hansa 1100 umfirmierte Modell der unteren Mittelklasse von 1957 bis 1961, das mit einem Vierzylinder-Viertaktboxer und Frontantrieb versehen war
Die Namensumbenennung erfolgte 1958, da mit der Bezeichnung „Goliath“ vor allem das mit einem Zweitaktmotor bestückte Dreirad der Marke aus der Krisenzeit und dann das Vorgängermodell GP 900 mit Zweitaktmotor assoziiert wurden. In der Wirtschaftswunderzeit wollte man aber nichts mehr von den harten Jahren, zu denen das Dreirad eindeutig in Beziehung gesetzt wurde, mehr wissen und auch der Zweitaktmotor verlor immer mehr Anhänger. Unter der Bezeichnung Hansa hoffte Borward mit dem Modell mehr Erfolg zu haben. Mit diesem Vorgang ging auch eine leichte Veränderung im Design einher. So erhielt der Hansa kleine Heckflossen mit integrierten Rückleuchten und einen Hansa-Schriftzug. Goliath-Insignien fielen hingegen weg.
Der Hansa 1100 war eine gut durchdachte, moderne, solide gearbeitete und sehr gelungene Konstruktion mit Frontantrieb
Er besaß einen wassergekühlten ohv Vierzylinder-Boxermotor aus einer Leichtmetalllegierung, der 40 PS leistete und einen Hubraum von 1,1l besaß. Seine Ganzstahlkarosserie war mit einem Zentralrohrrahmen verschweißt, seine Vorderräder waren unabhängig aufgehängt und hinten gab es eine Starrachse. Ausgestattet war das Fahrzeug mit einer Zahnstangenlenkung und mit einem modern gestylten Armaturenbrett. Die Formgebung der Karosserievarianten war ansprechend gestaltet. Zu haben war der Hansa 1100 als zweitürige Limousine mit vorderer Sitzbank aber einzelnen Lehnen, als Luxuslimousine mit Zweifarbenlackierung und viel Chrom, als Coupé mit Liegesitzen und als Kombi. Auf Basis des Hansa Coupés entstanden auch eine handvoll Cabriolets bei Karosseriebauer Wiesenfarth in Reutlingen.
Bei dem Hansa hatte man auch an die Sicherheit der Insassen gedacht
So waren das Dach, die Dachholme und der Dachrahmen mit Schaumgummi abgepolstert. Die Instrumente lagen gut sichtbar im Blickfeld des Fahrers. Außerdem gab es eine kurze Lenksäule, zuverlässige hydraulische Bremsen und ein vollsynchronisiertes Vierganggetriebe, das ab 1960 über eine Lenkradschaltung statt einer Krückstockschaltung betätigt wurde.
Mit dem Zusammenbruch des Borgward-Konzerns 1961 endete schließlich auch nach etwa 41000 gebauten Exemplaren die Produktion des Hansa 1100.
Das abgebildete Fahrzeug gehörte einst dem Hausfotografen von Borgward.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: ohv Vierzylinder-Boxermotor aus Alu, wassergekühlt
Hubraum: 1093 ccm
B x H: 74 x 64mm
Verdichtung: 7,3:1
Vergaser: Fallstromvergaser von Solex
Leistung: 40 PS bei 4250 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 125 km/h
Getriebe: Vierganggetriebe, vollsynchronisiert, ab 1960 Lenkradschaltung
Antriebsart: Frontantrieb
Rahmen: Karosserie mit Zentralrohrrahmen verschweißt
Vorderradaufhängung: unterer Querlenker, obere Querblattfeder
Hinterradaufhängung: Starrachse, Längsblattfedern
Bremsen: hydraulische Trommelbremsen
Radstand: 2270 mm
L x B x H: 4100 x 1630 x 1450 mm
Gewicht:900kg
Bauzeit: 1957-1961