Gegründet wurde die spätere Herlag Holzwarenfabrik 1883 als ursprünglicher Sägewerksbetrieb von Hermann Löwenherz in Lauenförde. Erst in den 50er Jahren ging man auch nach Beverungen. In den 1880er Jahren belieferte Löwenherz unter anderem die erste und lange Zeit auch größte Kinderwagenfabrik Deutschlands von Ernst Albert Naether mit Holz. Inspiriert von Naethers Unternehmen begann Hermann Löwenherz 1888 selbst mit der Fertigung von Gartenmöbeln und Kindermöbeln
Nach seinem Tod und darauf folgenden Erbstreitigkeiten ging das Werk 1930 an Erich Rose über und wurde 1931 in „Herlag AG“ umbenannt. 1938 versuchte Erich Rose den Betrieb zu verkaufen, um der drohenden Enteignung jüdischen Besitzes zu entgehen. Letztendlich kauften der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Hoffmann und die Sekretärin den Betrieb unter Wert auf. Die Familie Rose ging in die Niederlande und die USA. Nach dem Krieg leistete Hoffmann auf Einklagung der Roses eine Ausgleichszahlung. Im Krieg wurde Herlag zu einem „Nationalsozialistischen Musterbetrieb“ und fertigte Güter für das Militär wie Munitionskisten, Hocker, Waschhocker, Bestuhlungen, aber auch anderweitige Produkte wie Muttern für Flugzeuge etc.
Anfang der 50er Jahre blühte das Geschäft mit Gartenmöbeln, Kindermöbeln und Kinderwagen derartig auf, dass Herlag größere Produktionsflächen suchte und in Beverungen fand
Dort entstanden unter anderem Kinderbetten, Kinderhochstühle, Puppenwagen, Kinderwagen, Kinder-Sportwagen, Schaukelstühle, Gartenmöbel und Leitern. Ab 1957 wurden auch Stahlrohrgartenmöbel ins Programm aufgenommen. Die Kinderwagen von Herlag zeichneten sich durch eine solide Verarbeitung und eine gute Handhabbarkeit aus.
Vor allem in den 40er und 50er Jahren war der enge Bezug zum Automobildesign jener Zeit auffällig. Auch wurden die Kinderwagen technisch weiter entwickelt, man gönnte ihnen bequemere Federungssysteme und sie waren besser auf die Bedürfnisse und die Sicherheit der Kleinkinder ausgerichtet
War es einst der Kutschenbau, der einen Anhaltspunkt für den Kinderwagenbau bot, so wirkte in den späten 40er und 50er Jahren der Automobil,- und Motorradbau inspirierend. So kamen Schutzbleche für die Räder, verchromte Stoßstangen, Scheibenräder, Zierleisten, Verdeckführungen wie beim Cabriolets-Verdeck, sogar gelegentlich Rücklichter und etliche andere automobile Details in Mode. Vor allem verchromte Elemente, geschwungen barocke Linien oder die Pontonform spielten in den 50er Jahren, wie beim Automobil, eine wichtige Rolle. Gegen Ende der 50er Jahre begannen die Kinderwagen, wie beim abgebildeten Herlag-Kinderwagen leichter zu werden. Man legte nun mehr Wert auf Fexibilität und einfache Handhabung. Immer öfter wurden faltbare und zusammenlegbare Kinderwagen nachgefragt. Schließlich konnten sich bald in der Wirtschaftswunderzeit mehr Leute ein Automobil leisten, in dem der Kinderwagen natürlich Platz finden sollte. Diesem Bedürfnis kam der gut durchdachte Herlag Kinderwagen von 1957 entgegen. Er ließ sich einfach zusammenfalten und konnte dank abnehmbarem und relativ leichtem Wagenkörper sowie klappbarem Fahrgestell einfach im Auto verstaut werden. Ansprechend war auch das Design des Kinderwagens, der die Farbgebung und Flächenaufteilung der damaligen Automode übernommen hatte.
Die vor allem für ihre Ket-Cars bekannte Firma Kettler übernimmt Herlag
Heinz Kettler kaufte 1969 die Hauptanteile an Herlag und übernahm das Unternehmen dann 1978 vollständig. 1985 stellte die Herlag Holzwarenfabrik ihre Produktion in Beverungen ein. Die Fertigung einiger Produkte wurde an die neu gegründete BMF Beverungen Metallwarenfabrik übergeben, wozu allerdings keine Kinderwagen zählten.
Fotos & Text: Marina Block