BMWs erste Mittelklasse-Baureihe (Neue Klasse) nach dem Krieg war ein wesentlicher Baustein für den Erfolg der blauweißen Marke
Zuvor wäre das im Volksmund wegen seiner ausladend geschwungenen Formen „Barockengel“ genannte Oberklassemodell 501/502 beinahe zum Totengräber des bayrischen Unternehmens geworden. Denn die ziemlich aufwendig konstruierte Oberklasselimousine war teuer und zwar nicht nur in der Anschaffung, auch die Produktionskosten hatten es in sich. Angeboten wurde sie zudem in einer Zeit (ab 1952), in der die wenigsten Menschen hier viel Geld besaßen, denn die Wirtschaftswunderzeit lag noch in ihren Anfängen. Auch die 1955 präsentierte Isetta oder der Kleinwagen BMW 700 von 1959 konnten sich der finanziellen Talfahrt der Marke allein nicht effektiv entgegenstemmen. Im Prinzip baute BMW damals nur Autos für sehr reiche oder weniger wohlhabende Leute. Dazwischen gab es anfangs nichts und das sollte zum Problem werden. Vor einer Übernahme durch Daimler-Benz wurde BMW dann vor allem durch das Engagement von Herbert Quandt gerettet.
Eine nachhaltige Trendwende in der Modellpolitik leitete die Anfang der 60er Jahre vorgestellte „Neue Klasse“ ein, mit der die sportlich-dynamische Mittelklasse bei BMW aufleben sollte
Später trug dann noch die Verschmelzung mit der technisch sehr innovativen Marke Glas ein übriges zum Erfolg der Marke bei.
Die 1961 auf der IAA in Frankfurt mit dem BMW 1500 erstmals präsentierte Neue Klasse, die von 1962 bis 1972 gebaut wurde, zeichnete sich nicht nur durch ihre Modernität im Design sondern auch in der Technik aus
Das sachliche und schnörkellose Design der selbsttragenden Ganzstahlkarosserie mit dem Knick in der C-Säule (Hofmeister-Knick), der BMW-typisch werden sollte, wirkte mit den großen Fensterflächen und dem geschickten Mix aus kantigen und abgerundeten Formen nicht nur modern, sondern auch elegant und zeitlos. Geschaffen hatte es Wilhelm Hofmeister, der damalige Leiter der Karosserieentwicklung, in Zusammenarbeit mit Giovanni Michelotti, dem Designer des BMW 700. Sportlich ausgelegt war das Fahrwerk mit McPherson-Federbeinen vorn und Schräglenker-Hinterachse. Der von Alexander von Falkenhausen neu entwickelte Vierzylinderreihenmotor mit oben liegender, kettengetriebener Nockenwelle (M10) und Alu-Zylinderkopf war sehr leistungsstark und stabil ausgelegt. Er fand in weiter entwickelter Form bei BMW noch bis 1988 Verwendung.
Die große Limousine mit 2l-Motor, Rechteckscheinwerfern, breiteren Heckleuchten und Holzfurnier-Armaturenbrett wurde von 1966 bis 1972 gebaut und stellte die Krönung der Neuen Klasse dar
Der ohc Vierzylindermotor mit 1990 ccm Hubraum leistete 100 PS bei 5500 U/min und brachte das 1150 kg schwere Fahrzeug auf eine Höchstgeschwindigkeit von gut 170 km/h, in leistunggesteigerter und PS-stärkerer Form als TI/tilux oder tii (Einspritzer) sogar auf bis zu 185 km/h. Auch die Beschleunigungswerte waren je nach Ausführung mit um die 11 Sekunden von 0 auf 100 km/h in dieser Klasse sehr gut. Jedenfalls avancierte dieser BMW so damals zur schnellsten Mittelklasse-Limousine Europas. Neben dem BMW 1800 verkaufte sich der BMW 2000 von allen Versionen der Neuen Klasse (1500,1600,1800,2000) am besten. Lediglich sein hoher Verbrauch wurde dem sportlichen Fahrzeug angekreidet.
Die Neue Klasse machte auch im Sport eine gute Figur
So siegte Hubert Hahne mit einem BMW der Neuen Klasse 1964 beim 12-Stundenrennen für Tourenwagen auf dem Nürburgring, nachdem er zuvor gerade 14 von 16 Rennen der deutschen Rundstreckenmeisterschaft gewonnen hatte. Im nächsten Jahr gewannen Pascal Ickx und Gérard Langloisvan Ophem mit dem Werksrennwagen der Neuen Klasse das 24-Stundenrennen von Spa-Francorchamps. Viele sportliche Erfolge sollten auch in den Jahren danach noch folgen.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: ohc Reihenvierzylindermotor
Hubraum: 1990 ccm
B x H : 89 mm x 80 mm
Leistung: 100 PS bei 5500 U/min
max. Drehmoment: 157 Nm bei 3000 U/min
Verdichtung: 8,5:1
Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h
Vergaser: Solex-Fallstromvergaser
Getriebe: Vierganggetriebe, optional Dreigang-Automatik
Karosserie: selbsttragende Ganzstahlkarosserie
Vorderradaufhängung: Querlenker mit Federbeinen, Stabilisator
Hinterradaufhängung: Schräglenker, Schraubenfedern
Bremsanlage: hydraulisches Bremssystem, vorn Scheiben,hinten Trommeln, Bremskraftverstärker
Radstand: 2550 mm
Gesamtmaße: 4500 x 1710 x 1450 mm
Leergewicht: 1150 kg
Verbrauch: ca. 12 l auf 100 km
Stückzahl: 143464 Ex.- BMW 2000; ca. 360000 Ex. Neue Klasse insgesamt
Bauzeit: 1966-1972