Die gesellschaftliche Entwicklung ging auch an der Küche nicht vorbei. Wie sie eingerichtet und genutzt wurde, als reine Arbeitsküche oder als Wohnküche, welchen Stellenwert sie hatte, welche Art von Möbeln, ob und welches technische Gerät vorhanden war, spiegelte zumindest ein wenig die Verfassung der jeweiligen Zeit wieder
In der Zeit um 1900, als ungeheuer viele Erfindungen die Welt zu verändern begannen und auch neue Erkenntnisse in Sachen Hygiene Verbreitung fanden, setzte sich die „weiße Küche „ durch. Diese neuen Hygienevorstellungen führten zu weißen Fliesen, Möbeln und Geräten, auf denen jeder Schmutzfleck schnell zu sehen war. So stellte 1908 etwa Poggenpohl die Lackierung seiner Küchenmöbel von Natur auf Weiß um. Verändert hatte sich die Küche mit den neu aufkommenden Bedürfnissen und den veränderten Wohnraumverhältnissen in den Städten, die zur Rationalisierung zwangen, zwar schon seit der Industrialisierung, richtig deutlich wurde es aber vor allem ab den 20er Jahren. Nun gewann die Arbeitsküche Terrain. Im Zeitgeist des sachlichen Bauhaus-Stils wurde 1926 in Frankfurt von der Architektin Margarete Schütte-Lihotzky die Frankfurter Küche entworfen, eine der ersten rational-konzipierten Einbauküchen mit praktisch und funktional ausgerichteten Geräten und Möbeln, die auch für enge Raumverhältnisse optimal waren.
Die 30er Jahre brachten hingegen erst einmal eine Trendumkehr
Ob es nun im Zuge des aufkommenden Nationalsozialismus kam oder generell eine Tendenz in der Zeit auch anderswo in der Welt war, sei dahin gestellt. Jedenfalls rückte die Wohnküche wieder ins Zentrum der Betrachtung und mit ihr der in den 30er Jahren erdachte „Reform-Küchenschrank“. Dieses Küchenbufett besaß getrennte Abteilungen für Lebensmittel, Geschirr oder Putzmittel. Auch technische Elemente, wie eine Kaffeemühle waren manchmal bereits integriert. Gehobenere Ausführungen waren mit geschliffenen und verzierten Glasscheiben in den oberen Türen und mit einer integrierten Küchenuhr zu haben. Passend zu diesem Reform-Küchenschrank gab es andere, durchdacht gestaltete Küchenmöbel, wie etwa den ausziehbaren Küchentisch oder die Kochkiste. Das war ein isolierter Holzkasten, in dem das Essen warm gehalten werden konnte.
Auch in Melle wurden in den 30er Jahren derartige Küchen produziert
Die Meller Möbelfabrik zählte von 1870 bis 1975 zur bedeutenden Ostwestfälischen Möbelindustrie. Neben der Produktion von anderen Gebrauchsmöbeln standen hier bis Anfang der 50er Jahre auch Küchenmöbel im Programm.
Fotos & Text: Marina Block