Pocher - Modellautos (1968-1980)


Die Italiener Arnaldo Pocher und Corrado Murratore gründeten 1952 die Firma Pocher Micromeccanica in Turin und stellten anfangs Eisenbahn,- und dann auch Automodelle her, die sich durch eine ausgesprochen detailreiche und liebevolle Gestaltung auszeichneten und auch ihren Preis hatten

Von den beiden frühen Lokomotivmodellen, einer detailgetreuen Nachbildung des französischen CC 1707 Mistral, dem damals schnellsten Zug der Welt, und dem italienischen Bayard, dem ersten Zug Italiens, der ab 1839 die Strecke von Neapel nach Portici aufnahm, entstanden circa 800 Exemplare zu einem Preis von 28000 Lire pro Zug, was in etwa dem Monatsgehalt eines Durchschnittsverdieners damals gleich kam.

Der Automobilhersteller Fiat wurde auf die exzellente Arbeit von Pocher aufmerksam und orderte 1961 bei der Firma ein Modell des neuen Fiat 1300 im Maßstab 1:13. Der Auftrag, der zu einer langen Zusammenarbeit mit Fiat führte (Pocher baute von diesem Zeitpunkt an Modelle der neuen, auf dem Turiner Autosalon vorgestellten Fiats), gab letztendlich den Anstoß für den Aufbau einer etwas breiteren Modellpalette und so begann Pocher in der zweiten Hälfte der 60er Jahre auch sehr detailgetreue Modelle von herausragenden Klassikern der Automobilgeschichte in 1:8 zu produzieren. Diese als Bausatz erhältlichen Modelle zeichneten sich alle durch eine sehr hohe Qualität und einen enormen Detailreichtum mit vielen beweglichen Elementen aus

Besondere Merkmale der Bausätze waren die Vielzahl der Bauteile (bis fast 3000 Teile) und die bis ins Detail realistisch nachzubauenden Funktionselemente, wie etwa bewegliche Motorteile (Kolben und Ventile), versenkbare Seitenfenster, zu öffnende Türen und Hauben, funktionierende Brems- und Lenksysteme und aufklappbare Verdecke. Das erste Modell im Maßstab 1:8 war Fiats Grand Prix-Wagen von 1907, der Fiat 130 HP, der 1966 als vormontierter Bausatz auf der italienischen Spielwarenmesse vorgestellt wurde. Das Modell bestand aus 823 Teilen und den verschiedensten Materialien wie Kunststoff, Messing, Leder, Stahl, Gummi, Leinwand und Aluminium. Nach dem großen Erfolg dieses 50 cm langen Modells wurde mit einem Alfa Romeo 8 C 2300 Monza in 1:8 das nächste Projekt 1968 aufgelegt, an dem diesmal nicht Arnaldo Pocher, der seine Firma in diesem Jahr verließ, sondern sein Schüler Gian Paolo Altini gearbeitet hatte. Der erfolgreiche Rennwagen von Alfa Romeo, der damals auch von Caracciola gefahren wurde, fungierte auch als Vorbild für andere Alfa Romeo Sport-, und Rennwagenversionen, die Pocher mit dem Alfa Romeo Touring Grand Sport oder dem Alfa Romeo 8C 2600 Mille Miglia-Scuderia Ferrari ebenfalls als Bausatz fertigte. Auch Rolls-Royce war natürlich in der Sammlung vertreten, so wurde etwa 1970 ein Rolls-Royce Phantom II-Modell angeboten, das sich aus gut 2200 Teilen zusammensetzte. Die Kühlerfigur Spirit of Ecstasy wurde anfangs sogar aus echtem Silber gefertigt. Auch etliche Mercedes-Benz Kompressor-Fahrzeuge waren von Pocher als Bausatz zu haben, darunter Mitte der 70er Jahre auch ein Mercedes-Benz 500 K/AK Cabriolet, das im Original in nur zwei Exemplaren entstand. Das Modell verfügte über viele bewegliche Elemente und war zudem mit einem liebevoll gestalteten Koffersortiment samt Golfschlägern bestückt. Insgesamt wurden 25 klassische Automobile zumeist aus den 30er Jahren, die in ihrer Zeit etwas besonderes und außergewöhnliches darstellten, als Modellbausätze aufgelegt. Das letzte historische Modell, das nun von Altinis Nachfolger Gian Franco Fabris entworfen wurde, präsentierte Pocher 1980 mit einem Bugatti T50, der zu den edelsten französischen Tourenwagen der 30er Jahre zählte. Mittlerweile hatte der frühere Anteilseigner und Modelleisenbahnbauer Rivarossi die Firma Pocher ganz übernommen und richtete die Marke im Laufe der Zeit neu aus. Ab der frühen 90er Jahre begann Rivarossi unter dem Markennamen von Pocher auch aktuelle Ferrari-Modelle mit Metall-Karosserie im Maßstab 1:8 zu bauen. Allerdings waren diese Modelle weit weniger detailreich gearbeitet als die ursprünglichen Pocher-Modelle. Nachdem Rivarossi in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, gelangte die Marke Pocher 2004 in den Besitz des britischen Modellbahnbauers Hornby, der den alten Glanz der Marke Pocher in den letzten Jahren wiederzubeleben versuchte. Auf der Nürnberger Spielwarenmesse 2013 stellte Hornby eine neue Pocher- Modellsatz-Baureihe im Maßstab 1:8 mit einem Lamborghini Aventador vor. Den Detailreichtum früherer Modelle erreichte die neue Reihe allerdings nicht.

Im Museum sind drei exquisite und wertvolle Exemplare der frühen, klassischen Pocher-Bausatzmodelle in 1:8 zu sehen

Es handelt sich um einen Alfa Romeo 8C 2600 Mille Miglia-Scuderia Ferrari, ein Mercedes-Benz 500 K Cabriolet und einen Bugatti T50.

Fotos & Text: Marina Block


Bilder

Informationen:

MarkePocher
ModelModellautos
Baujahr1968-1980

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