Mit dem Isar T600 bot die Firma Glas aus Dingolfing ab 1958 ihr erstes, damals als „ausgewachsen“ empfundenes Automobil mit 600 ccm-Frontmotor und Heckantrieb an, das als Sprungbrett für automobile Aufsteiger der Wirtschaftswunderzeit gedacht war
Vorgestellt wurde der Prototyp des Isar bereits 1957, als sich auf der IAA in der Klasse der erschwinglichen Fahrzeuge neben eben diesem „großen Goggomobil“ auch eine Menge Konkurrenz in Form von DKW Junior, BMW 600 und NSU Prinz tummelte. Der Prototyp des Isar oder des „großen Gogomobil“ wie er anfangs hieß und der so nie in Serie ging, besaß neben dem Frontmotor auch einen Frontantrieb. Dieses Konzept behielt Glas dann für die Serienproduktion nicht bei, sondern baute das Modell mit Heckantrieb. Dazu hatte man sich entschieden, weil in der Praxis der Wagen mit vor der Vorderachse liegendem Triebwerk und Frontantrieb zu kopflastig war. Außerdem stellte sich die Bodenhaftung bei Nässe sowie bei Steigungen als zu schlecht heraus. All das führte dann zur Wahl des Heckantriebs.
Bestückt wurde die für einen Kleinwagen sehr geräumige Limousine, die über eine moderne, selbsttragende Karosserie verfügte, mit einem ohv Zweizylinder-Boxermotor mit 600 ccm Hubraum
Diesen Motor, der 19 PS bei 4800 U/min leistete und den leichtgewichtigen Isar auf eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h brachte, hatte der ehemalige BMW-Ingenieur Max Ischinger entwickelt. Der Zweizylinder-Viertaktboxer war luftgekühlt und besaß oben hängende Ventile, die über Stoßstangen und Kipphebel von einer unten liegenden Nockenwelle betätigt wurden. Anfangs war er mit zwei Bing-Vergasern ausgestattet, ab September 1959 gab es einen Solex-Vergaser. Dank seiner selbsttragenden Karosserie wog die kleine Limousine nur 600 kg. Aufgehängt waren die Vorderräder an unteren Querlenkern und oberen Längslenkern mit Schraubenfedern und progessiv wirkenden Gummihohlfedern. Hinten besaß das Fahrzeug eine Starrachse mit längsliegenden Dreiblattfedern und Gummihohlfedern. Das vollsynchronisierte Vierganggetriebe wurde über eine Mittelschaltung mit langem Schaltgestänge betätigt. Das Schaltschema stand beim Isar sozusagen auf dem Kopf, denn man hatte den Motor umgedreht eingebaut, da er ja anfangs für den Frontantrieb konzipiert war und Hans Glas sich erst später für den Heckantrieb entschied. Hydraulische Trommelbremsen sorgten für gute Bremswerte.
Aufsehen erregte die vom amerikanischen Automobildesign inspirierte Karosserie
Ein wenig wirkte das ab 1959 „Isar“ genannte Automobil (man wollte damit vom Kleinstwagenimage des Goggomobils abrücken) wie eine Miniaturausgabe des Chevrolet Bel Air. Wie jenes große Vorbild besaß der Isar eine moderne Panorama-Frontscheibe, eine chice Zweifarbenlackierung mit geschwungenen Zierstreifen, Weißwandreifen und reichlich Chromschmuck. Auch die gut durchdachte Innenraumgestaltung und etliche praktische Details wie ein innen an der Fronthaube angebrachtes Reserverad und ein geräumiger Kofferraum waren viel beachtete Pluspunkte.
Der von 1958 bis 1965 gebaute Isar, den es später auch als Kombi und mit mehr Hubraum als T700 gab und von dem fast 88000 Exemplare gebaut wurden, war der erste Versuch von Glas vom Kleinstwagenimage wegzukommen
Anfang der 60er Jahre weitete Glas dann sein Geschäft auf den Bau von Mittelklassefahrzeugen mit von Max Ischinger entwickelten ohc-Hochleistungsmotoren, die den Zahnriemenantrieb der Nockenwelle im Automobilbau einführten, aus.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: ohv Zweizylinder-Boxermotor
Hubraum: 584 ccm
B x H: 72mm x 72mm
Verdichtung: 7,4:1
Leistung: 19 PS bei 4800 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 100 km/h
Vergaser: Solex Fallstromvergaser
Getriebe: vollsynchronisiertes Vierganggetriebe, Mittelschaltung
Kupplung: Einscheiben-Trockenkupplung
Lenkung: Schneckenlenkung
Antriebsart: Hinterradantrieb
Vorderradaufhängung: unabhängig, an unteren Querlenkern und oberen Längslenkern, Schraubenfedern, Gummihohlfedern
Hinterradaufhängung: Starrachse mit längsliegenden Dreiblattfedern, Gummihohlfedern
Bremsen: hydraulische Trommelbremsen
Karosserie: selbsttragende Stahlblechkarosserie
L x B x H: 3430 x 1470 x 1380 mm
Radstand: 2000mm
Gewicht: ca. 600 kg
Verbrauch: ca. 7 l auf 100 km (bei korrekt eingestellten Vergasern, sonst gerne mehr)
Bauzeit: 1958-1965
Stückzahl: ca. 87600 Ex.