Ende der 50er Jahre stieg der bis dato höchst erfolgreiche Motorradhersteller NSU, der damals zu den größten Zweiradbauern der Welt zählte, wieder in den Automobilbau ein (vorher 1906 bis 1931) und präsentierte im Herbst 1957 das erste Modell seiner bald anwachsenden Prinzengarde. Auch in Neckarsulm wollte man den Trend zum Automobil, ausgelöst durch das Wirtschaftswunder und die wachsenden Ansprüche der Bevölkerung, nicht verpassen
Mit dem Prinz, einem kompakten Kleinwagen, der das erste Automobil von NSU nach dem Krieg darstellte, begann dann ab 1958 der Siegeszug der Prinzen. Ein wesentliches Merkmal des Prinzen war sein luftgekühlter und in Silentblöcken aufgehängter Zweizylindermotor (Parallel-Twin) im Fahrzeugheck, dessen oben liegende Nockenwelle über Schubstangen betätigt wurde. Der Prinz besaß eine selbsttragende Karosserie, Heckantrieb, eine Vorderradaufhängung an Doppelquerlenkern und Schraubenfedern sowie eine hintere Pendelachse mit Querfeder und Luftkissen. Außerdem verfügte er bereits über eine für einen Kleinwagen damals noch keineswegs übliche 12-Volt-Elektrik und eine Dynastartanlage.
Der NSU Prinz II war eine besser ausgestattete und parallel gebaute Version des ersten Prinzen, der dann zur Unterscheidung Prinz I genannt wurde
Im Gegensatz zum Prinz I besaß der Prinz II ein vollsynchronisiertes Vierganggetriebe. Unter der Heckklappe fand sich auch bei ihm derselbe ohc Twin mit 579 ccm Hubraum, einer Verdichtung von 6,8:1 und einer Leistung von 20 PS bei 4600 U/min, der das lediglich 520 kg schwere Wägelchen auf eine Höchstgeschwindigkeit von 105 km/h bringen konnte. Das Besondere der Prinz-Motoren war die Steuerung der Nockenwelle über Schubstangen, bekannt vom Motorradmotor der NSU Max aber auch von W. O. Bentleys sportlichen Konstruktionen der 30er Jahre aus Cricklewood.
Ansonsten besaß der besser ausgestattet Prinz II Kurbelfenster statt der Schiebefenster des Prinz I. Auch der Innenraum war aufwendiger gestaltet, so gab es ein besser ausgestattetes Armaturenbrett, Ablagetaschen in den Türen, Kunstleder, einen Aschenbecher und eine größere Farbauswahl. Die Farbpalette war breiter, denn man konnte zwischen vier Farbtönen wählen oder sich auch gegen Aufpreis für eine Zweifarbenlackierung entscheiden. Außerdem gab es für dieses Modell als Sonderausstattung Weißwandreifen und ein Faltdach. Zu haben war der Prinz II anfangs für knapp 4100 DM.
Der Prinz II überzeugte durch sein gutes Fahrverhalten
Der Kleinwagen verbrauchte bei guter Leistung nicht nur wenig, er konnte auch dank seines Fahrwerks, der guten Abstimmung und Gewichtsverteilung mit einer guten Straßenlage samt gutem Geradeauslauf und gutem Kurvenverhalten aufwarten.
Der Prinz wurde ein voller Erfolg
Gute Fahreigenschaften, Geräumigkeit, ein zuverlässiger Motor, ein geringer Verbrauch und das alles bei einem moderaten Preis machten den Prinz II beliebt. Mit fast 32000 verkauften Exemplaren in nur zwei Produktionsjahren legte er den Grundstein zum Erfolg der Prinzengarde. Eine stärkere Variante des Prinz II mit 30 PS war als Modell Prinz 30 bereits ab 1959 zu haben. Den wirklich großen Durchbruch schaffte NSU allerdings erst mit dem zwischen 1961 und 1973 gebauten Prinz IV.
Dieses Modell hatte für Melle eine besondere Bedeutung
Mit diesem Modell übernahm nämlich die Firma Pietsch die NSU-Automobilvertretung für den Kreis Melle. Der erste in Melle zugelassene NSU Prinz war exakt ein derartiger Prinz II.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: ohc Zweizylindermotor im Heck
Hubraum: 579 ccm
B x H: 75 x 66 mm
Verdichtung: 6,8:1
Leistung: 20 PS bei 4600 U/min
Vergaser: Bing-Fallstromvergaser
elektrische Anlage: Dynastartanlage, 12 V-24 Ah, Batteriezündung
Höchstgeschwindigkeit 105 km/h
Getriebe: vollsynchronisiertes Vierganggetriebe
Kupplung: Einscheiben-Trockenkupplung
Karosserie: selbsttragende Ganzstahlkarosserie
Vorderradaufhängung: Doppelquerlenker, Schraubenfedern, hydraulische Stoßdämpfer
Hinterradaufhängung: Pendelachse, Schraubenfedern, Luftkissen, hydraulische Stoßdämpfer
Lenkung: Zahnstangenlenkung
Bremsen: hydraulische Trommelbremsen
Radstand: 2000 mm
L x B x H: 3145 mm x 1420 mm x 1370 mm
Gewicht: 520 kg
Bauzeit: 1958-1959
Stückzahl: 31910 Ex.
Preis: 1958-4079 DM