Motobécane - S 3800 (1983)

Die mit einem 50 ccm Einzylinderzweitakt-Hilfsmotor über dem Vorderrad und Reibrollenantrieb ausgerüstete Vélosolex wurde zu einer der erfolgreichsten Ikonen in der Mofa-Welt und gehörte zu Frankreich wie Baguette und Camembert. In Deutschland wurde sie erst ab Mitte der 50er Jahre angeboten

Gebaut wurde die weltweit verkaufte Velosolex in verschiedenen Versionen bis 1988 in gut sieben Millionen Exemplaren. 1974 übernahm der Motorrad,- und Fahrradhersteller Motobécane die Velosolex und vertrieb sie ab dieser Zeit unter seinem Markennamen weiter. Für Deutschland übernahm die deutsche Motobécane in Bielefeld den Vertrieb. 1983 wurde Motobécane dann selbst von Yamaha erworben. Das Velosolexmodell S 3800 wurde bis 1988 aber noch weiter als Motobécane S 3800 produziert. Lizenzproduktionen der Velosolex werden bis heute angeboten und auch eine neue Version, sogar als e-Moped ist wieder zu haben, allerdings nicht unter dem alten Namen, sondern als „Blacknroll“ aus der Yamaha-Familie.

In der Werbung hieß es über die Velosolex: Das Moped, das von alleine rollt. Weit bekannter wurde sie hier aber unter den Spitznamen „Nasenwärmer“, „Christenverfolger“ und „Maria Hilf“

Zu diesen Spitznamen kam sie einerseits wegen der Position des Motors, der den Kopf des Fahrers wärmte, und wegen der Vorliebe, die viele Nonnen und Mönche an diesem Gefährt fanden, was letztendlich auch mit der Motorposition zusammenhing. Sie wählten nämlich die Vélosolex nicht nur gerne, weil sie preiswert und zuverlässig war, sondern auch, weil der oben angebrachte Motor ihre langen Kutten nicht beschmutzen konnte. Das war übrigens auch ein Vorteil, den damals viele Frauen schätzten.

Die erste Velosolex wurde 1946 angeboten und war, wie damals so viele andere auch, eine aus der Not geborene Konstruktion. Sie galt als ein preiswertes und genügsames Fahrrad mit Hilfsmotor, das vielen überhaupt erst den Einstieg in die Motorisierung ermöglichte, denn kurz nach dem zweiten Weltkrieg gab es keine günstigere Möglichkeit einer unabhängigen, motorisierten Fortbewegung. Einen stabileren Rahmen, der sich vom schlichten Fahrradrahmen entfernte, erhielt die Velosolex erst Anfang der 50er Jahre. Daraufhin wurde der Rahmen in den nächsten Jahren weiter verstärkt und die Räder wurden verkleinert.

Entwickelt wurde die Velosolex beim französischen Vergaserherstellers Solex von Marcel Mennesson, einem der beiden Firmengründer von Solex

Mennessson schwebte eine robuste, einfache und haltbare Konstruktion vor, die ohne Probleme zu bedienen war. Einen guten und zuverlässigen Einzylinder-Zweitaktmotor zu entwickeln, der sehr wenig Treibstoff verbrauchte, war keine Schwierigkeit. Die Überlegung war nur, wie man den Motor positionierte und welches Rad er antreiben sollte. In dieser Hinsicht gab es in Frankreich schon einige Vorbilder. So erschien dort bereits kurz nach der Jahrhundertwende (1901) der Ixion-Fahrradhilfsmotor, der nach dem Zweitaktprinzip arbeitete und das Vorderrad über eine Reibrolle antrieb. Dasselbe tat nach dem ersten Weltkrieg der Cyclotracteur als Reibrollenmotor über dem Vorderrad. Der Reibrollenantrieb hatte den Vorteil, dass er sich leicht an jedes Fahrrad anbauen ließ. Um beim Velosolex eine kompakte Antriebseinheit mit Gemischtank in Höhe der Kurbelwelle zu erhalten, wurde die Benzinpumpe an der Kurbelwelle platziert. Als Membranpumpe nutzte sie für ihre Arbeit den Unter,- und Überdruck im Kurbelgehäuse aus. Die Position des Tanks bildete ein Gegengewicht zum Schwungrad auf der linken Motorseite. In den ersten Jahren hatte die Velosolex noch keine Kupplung. Die wurde erst ab 1956 verbaut. Speziell waren auch die verwendeten Reifen, denn sie besaßen ein Rillenprofil, das auf eine optimale Wirkung des Reibrollenantriebs abgestimmt war.

Die abgebildete Motobecane von 1983 ist der seit 1965 weiterentwickelte Velosolex Ur-Typ S 3800 mit klappbar an der Gabel befestigtem Motor, automatischer Fliehkraftkupplung und Dekompressionshebel

Beim Startvorgang musste der Dekompressionshebel betätigt werden, desgleichen beim Abstellen des Motors. Kupplungsarbeit war dank der automatischen Fliehkraftkupplung unnötig.

In den 80er Jahren sanken die Verkaufszahlen rapide und auch die letzte gebaute Velosolex des Typs S 3800 hatte keine Chance mehr

Das Interesse an Mofas klang in dieser Zeit zumindest in der westlichen Welt stark ab, so dass Yamaha die Produktion in Frankreich einstellte.

Fotos & Text: Marina Block

Technische Daten

Motor: Einzylinder-Zweitaktmotor

Hubraum: 49 ccm

B x H: 39,5 mm x 40 mm

Verdichtung: 8,2:1

Leistung: 0,75 PS bei 2600 U/min

Höchstgeschwindigkeit: 25 km/h

Vergaser: Gurtner/Solex Typ 6,5 L

Mischung: 1:50

Starterart: Pedalstart

Getriebe: Eingang-Automatik

Kupplung: Fliehkraftkupplung

Rahmen: Pressstahlrahmen

Vorderradfederung: keine

Hinterradfederung: keine

Bremse vorn: Felgenbremse

Bremse hinten: Trommelbremse

Verbrauch: 1,4 l auf 100 km

Gewicht: 28 kg

Bereifung: 1,75 x 19“

Länge: 1610 mm

Breite:570 mm

Höhe: 960 mm

Preis: 798 DM

Bauzeit: 1965-1988 (Velosolex/Motobécane S 3800)

Stückzahl: Velosolex insgesamt bis 1988 knapp 7 Millionen Ex.

Bilder

Informationen:

MarkeMotobécane
ModelS 3800
Baujahr1983

Weitere Fahrzeuge