Der kleine Rex-Einzylinderzweitaktmotor mit erst 31 ccm und dann 34 ccm Hubraum und 0,7 PS war in der frühen Nachkriegszeit einer der am häufigsten verwendeten und erfolgreichsten Hilfsmotoren für Fahrräder sowie einer der besten seiner Art. „Rex am Riemen“ lautete eine humorvolle Beschreibung
Die Idee, das Vorderrad mit einer Riemenscheibe zu versehen und es dann von einem darüber liegenden Motor über einen Keilriemen anzutrieben, war schon recht alt. Unter den ersten oder vielleicht sogar die ersten, die diese Methode anwendeten, waren die Brüder Werner aus Paris. Bereits 1897 bot die Firma Werner Frères et Cie ein Fahrrad mit Hilfsmotor an, der wie beim Rex-Hilfsmotor über dem Vorderrad angebracht war und selbiges mit einem Riemen antrieb. Damit war der „Nasenwärmer“ geboren. Diesen Spitznamen erhielten später in den 50er Jahren diese auf Lenkerniveau angebrachten Fahrrad-Hilfsmotoren.
Den ersten Boom an Fahrradhilfsmotoren gab es in den 20er und 30er Jahren (in Deutschland etwa war der von 1938 bis 1940 gebaute Saxonette-Radnabenmotor sehr beliebt), der nächste Boom folgte nach dem zweiten Weltkrieg.
Ende der 40er Jahre war der Rex-Motor einer der ersten und bald am weitesten verbreiteten Hilfsmotoren für Fahrräder in Deutschland
Das war auch kein Wunder, denn er war einer der am frühsten verfügbaren kleinen Hilfsmotoren und sehr gut konstruiert. Ein Fahrrad mit Hilfsmotor war damals ein aus der Not geborenes, billiges und genügsames Gefährt, das vielen überhaupt erst den Einstieg in die Motorisierung ermöglichte, denn kurz nach dem zweiten Weltkrieg gab es keine günstigere Möglichkeit einer unabhängigen, motorisierten Fortbewegung.
Entwickelt wurde der äußerst zuverlässige Rex-Motor von Fritz Cockerell (baute die Megola), Rudolf Schleicher (ehemals bei BMW), Emil Stiebling (ehemals bei DKW) und Max Seyffer
In der Seyffer-Fertigungsgemeinschaft konstruierten sie einen 31 ccm großen (später 34, 40 und 50 ccm), luftgekühlten Einzylinder-Zweitakter mit Einganggetriebe, den man über dem Vorderrad anbringen konnte. Er war so konzipiert, dass er die doch recht schwachen Fahrradrahmen nicht übermäßig strapazierte und dass auch die Fahrradbremsen mit der höheren Leistung und Höchstgeschwindigkeit von etwa 20 bis 25 km/h noch gerade so zurecht kamen. Ausgestattet war der mit einem Flachkolben arbeitende Zweitakter mit einer Bosch-Zündanlage und einem Bing-Schwimmervergaser. Der Zylinder mit eingezogener Perlitgußbüchse und der abnehmbare Zylinderkopf bestanden aus Leichtmetall. Bei einem Verbrauch von 1,4 l/100 km musste der 2 Liter Treibstoff fassende, am Lenkerschaft befestigte Tank nicht übermäßig oft neu befüllt werden. Genannt wurde der erstmals 1947 in Leipzig vorgestellte Motor zuerst Radfix, was man bald in Rex änderte, als die Brüder Bagusat seine Produktion in ihrem Münchner Rex-Motorenwerk übernahmen. Sie investierten viel in die Produktion und verlagerten sie in ein Schloss, wo sie auch Rennpferde hielten. Mit dem teuren Pferderennsport sollten sie sich dann letztendlich finanziell übernehmen.
In den 50er Jahren wuchs das Angebot an Hilfsmotoren enorm an
So gab es den Vicky-Motor von Victoria, der das Hinterrad über eine Kette antrieb und oben am Hinterrad befestigt war. In der frühen Nachkriegszeit tauchte auch der kleine und wie eine Kreissäge klingende, hoch drehende Lohmann-Diesel-Hilfsmotor auf, der allerdings nicht ganz so einfach zu bedienen und wohl daher auch nicht so weit verbreitet war wie der Rex. Sehr erfolgreich war hingegen der von Garelli in Italien gebaute Mosquito-Hilfsmotor, der dank seiner Leistungsstärke selbst Tandems und Lastenräder motorisierte und von Garelli noch bis in die 90er Jahre hinein gebaut wurde. Dieser Zweitaktmotor arbeitete wie die französische Velosolex mit einer Reibradrolle als Kraftübertragung, allerdings wurde hier das Hinterrad und nicht wie bei der Velosolex das Vorderrad angetrieben. Der Mosquito wurde weltweit exportiert und war auch in Deutschland zu haben. Sogar das Neckermann-Versandhaus hatte ihn zwischen 1966 und 1972 an einem Klappfahrrad im Programm. Einbaumotoren der großen Hersteller Fichtel & Sachs oder Ilo wurden in den 50er Jahren hauptsächlich in stärkeren und niedrigeren Rahmenkonstruktionen, den ab 1951 erscheinenden, neuartigen Mopeds und Mofas, eingesetzt. Einen Hilfsmotor für ganz normale Fahrräder hatte mit dem F48 aber auch Ilo zu bieten. Die Marke Rex war übrigens auch eine der ersten, die ihren Motor in einen bereits dem Moped sehr nahe kommenden, verstärkten Rahmen einbaute und damit den Weg zu einer neuen Fahrzeuggattung wies. Den Namen „Moped“ steuerte dann einige Zeit später der Hamburger Einbaumotorenhersteller Ilo bei. Auch die mit einem Reibradmechanischmus arbeitende Vélosolex besaß bereits eine etwas stabilere Rahmenkonstruktion.
In unserem Fall trieb ein Rex-Motor der zweiten Ausführung, den man entkuppeln konnte, ein Fahrrad der Marke Siegmann an, deren Firmensitz sich im Bielefelder Stadteil Heepen befand
In der ehemaligen Fahrrad,- und Motorradstadt Bielefeld, in der einst über 20 Millionen Fahrräder produziert wurden (jedes fünfte Fahrrad in Deutschland stammte in der Blütezeit des Zweirads aus Bielefeld) gab es eine große Zahl an Fahrradherstellern, zu denen auch recht kleine Firmen wie Siegmann zählten. Anzutreffen sind Fahrräder dieser Marke nur noch selten.
Fotos & Text: Marina Block