Opel - Motoclub (1928)

 

Die innovative und damals absolut außergewöhnliche Opel Motoclub war eines der ersten, wirklich designten Motorräder

Gestaltet hatte sie der Erfinder und Künstler Ernst Neumann, der sich mit Künstlernamen „Neander“ nannte. Er war von Haus aus Grafiker, hatte früher Theaterplakate entworfen, beim Münchner Kabarett „Die elf Scharfrichter“ mit gemacht und sich der Automobilwerbung zugewandt. Wie Toulouse Lautrec galt er als Pionier der Lithografie. Doch er empfand die zweidimensionale Kunst als zu eingeschränkt, da ihr die Dreidimensionalität in Form von Dynamik, Bewegung und Geräusch fehlte. Das begeisterte ihn wiederum an der Autodynamik und dem Motorsport. Die Quintessenz daraus war, dass er ein bekannter und begnadeter Karosseriegestalter wurde und für viele Karosseriehäuser arbeitet (u.a. Schebera).Sein größtes Interesse galt jedoch bald dem Motorrad und futuristischen, bis aufs Essentielle reduzierten Fahrmaschinen.

Ernst Neumann-Neander beschäftigte sich intensiv mit Motorrädern, die er bis ins kleinste Detail durchdacht konstruierte und auch produzierte. Seine außergewöhnlichen Motorradkonstruktionen fanden bei Opel großes Interesse und man hatte gerade im kürzlich erworbenen Elite-Diamant-Werk freie Kapazitäten für eine derartige Konstruktion

Bei Opel liefen die Geschäfte in den 20er Jahren enorm gut. Nicht nur Opel-Automobile, auch Fahrräder dieser Marke verkauften sich blendend. So wuchs auch das Interesse den seit 1901 mit etlichen Unterbrechungen betriebenen Motorradbau,- das letzte Mal hatte man 1925 den Bau eingestellt-, erneut zu beleben. Neanders Pressstahlkonstruktion kam damals im Motorradbau einer Revolution gleich. Und zwar nicht nur wegen seines innovativen Konzeptes, sondern auch weil durch diese Konstruktion die Montagezeit für ein Motorrad enorm reduziert wurde ( von 25 auf 4 Stunden). Kurzum erwarb Opel die Lizenz für Neanders Fahrwerk und der Weg für die Opel Motoclub war frei. Gebaut wurde das Motorrad dann im besagten Elite-Diamant-Werk.

Der Rahmen der Motoclub war ausgesprochen stabil, die tiefe Lagerung von Motor und Getriebe ergab einen günstigen Schwerpunkt, die Pendelgabel kompensierte Fahrbahnstöße sehr effektiv und der außergewöhnlich geformte, tief liegende, blattgefederte und mit einem Luftkissen versehene Sitz war besser als ein „Clubsessel“ und erlaubte eine sehr tiefe Sitzposition

Die U-förmigen Stahlprofile der Motoclub griffen ineinander und stützten sich gegeneinander ab, was die Nieten entlastete. Aus Presstahl bestand auch die Vorderradgabel. Durch die Pendelbewegung der Gabel wurde das Vorderrad beschleunigt und wieder abgedämpft und damit die Fahrbahnstöße gedämpft. Gekapselte Blattfedern verbargen sich am Kopf der Pendelgabel. Auch unter dem schalenförmigen Sitz unterstützten Blattfederpakete den Komfort. Ein weiterer Vorteil der neuartigen Konstruktion war ihr geringes Gewicht, denn die Motoclub brachte, bestückt mit einem 500 ccm großen ohv Einzylindertriebwerk, lediglich 135 kg auf die Waage.

Die Kombination eines halbschalenartigen, auf den Rahmenprofilen aufliegenden Tanks mit dem weit tiefer liegenden Schalensitz wirkte sehr futuristisch und ließ den Fahrer förmlich in das Motorrad „eintauchen“

Wie bei ganz modernen, sportlichen Straßenmotorrädern bildeten bei der Motoclub der Fahrer und das Motorrad eine organische Einheit. Damit war das Konzept dieses Motorrads ein Vorbild für zukünftige, weit jüngere Konstruktionen, wie etwa der Suzuki Katana.

Die Halblitermotoren für die Motoclub mit quadratischem Bohrungs,- und Hubverhältnis kamen von Opel

Angeboten wurde ein seitengesteuertes Tourenmodell mit 16 PS und das abgebildete, kopfgesteuerte Sportmodell mit 22 PS Leistung und Doppelportanlage, was für eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h reichte. Die im Kopf hängenden Ventile wurden über Stoßstangen und Kipphebel betätigt. Pleuel und Kurbelwelle liefen auf großen Rollenlagern und der Primärantrieb erfolgte über eine gekapselte Kette. Für die Ölzufuhr sorgte eine halbautomatische Ölpumpe. Das über eine Kulissenschaltung rechts am Rahmen handgeschaltete Dreiganggetriebe kam von Burman. Für die Verzögerung war eine Kombi-Bremse zuständig, die sowohl auf das Vorderrad als auch auf das Hinterrad wirkte.

Die Neander-Konstruktion konnte damals auch einige Erfolge im Motorsport vorweisen

Ihre Zuverlässigkeit stellte die Motoclub etwa durch eine Langstreckenfahrt von Rüsselsheim zur Weltausstellung nach Barcelona eindrucksvoll unter Beweis.

Rot und silber waren die bevorzugten Farben der Motoclub

Alle Metallteile der in einigen tausend Exemplaren bis 1930 gebauten Opel Motoclub waren in silber gehalten, die Satteldecke, die Reifen, Lenkergriffe, Fußrasten und Kickstartergummis waren leuchtend rot, wie auch das Zifferblatt des Tachometers. Diese Farbgebung unterstrich nicht nur das futuristische Design, es war auch so auffällig und ungewöhnlich, dass es den Bekanntheitsgrad der Motoclub förderte.

Die abgebildete Motoclub von 1928 ist ein sehr frühes Exemplar

Sie trägt die 8 als Rahmen,- und Motornummer und hatte von der Farbeuphorie noch nicht soviel mitbekommen.

Fotos & Text: Marina Block




Technische Daten

Motor: ohv Einzylindermotor, fahrtwindgekühlt

Hubraum: 496 ccm

B x H: 86 x 86 mm

Verdichtung: 5,5:1

Leistung: 22 PS bei 4800 U/min

Höchstgeschwindigkeit: 120 km/h

Vergaser: Amac-Einkolbenvergaser

Durchlassweite: 25,4 mm

Kupplung: Mehrscheiben-Trockenkupplung

Getriebe: Burman-Dreiganggetriebe, handgeschaltet

Rahmen: aus U-förmig gepressten Stahlprofilen, verschraubt und vernietet

Vorderradaufhängung: Pendelgabel mit zwei Blattfedern

Hinterradaufhängung: starr

Bremsen: Halbnaben-Simplexbremsen, vorn 150 mm, hinten 200 mm Durchmesser

Gewicht: 135 kg

Preis: 1290 RM

Bilder

Informationen:

MarkeOpel
ModelMotoclub
Baujahr1928

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