Morgan-Monotrace - Einspurauto (1925)

Als das erste Morgan-Monotrace aus St. Etienne in Paris 1923 vorgestellt wurde, lag die Herkunft dieses zweirädrigen Fahrzeugs mit Bootsheck-Karosserie und ausklappbaren Stützrädern etwas im Dunkeln. Allgemein geht man aber davon aus, dass das Monotrace ein Lizenzbau des kurz zuvor erschienenen Mauser Einspurautos war, das von Gustav Winkler entwickelt und von der Waffenfabrik Mauser produziert wurde Eine zweite These lautet, der Berliner Ingenieur Alfred Morgan habe zwischen 1922 und 1925 in Nürnberg ein ähnliches Fahrzeug konstruiert. Morgan vergab dann 1923 eine Lizenz nach Frankreich an Joseph Auguste Roten, der das Fahrzeug unter dem Firmennamen „La Société Francaise Morgan-Monotrace“ in St. Etienne baute und über sein Büro an der Champs-Ellysées in Paris verkaufte. Die Einspurautos entstanden in einer experimentierfreudigen Zeit, als man in den 20er Jahren viele Möglichkeiten austestete, preiswerte und vor allem auch im Gebrauch ökonomische Fahrzeuge mit Wetterschutz zu konstruieren, die sich mehr Menschen leisten konnten Die einspurigen Gefährte mit Bootsheck-Karosserie und Stützrädern versuchten die Vorteile des Motorrads mit denen des Autos zu verknüpfen. Für die Produktion eines Motorrads waren nicht so viele Teile nötig, wie für ein Auto, es kostete daher weniger in der Fertigung und in der Anschaffung. Zudem verbrauchte es weniger, man zahlte weniger Steuern und besaß nur zwei große Reifen, die kaputt gehen konnten. Die Nachteile eines Motorrads, nämlich den fehlenden Wetterschutz, die mangelnde Bequemlichkeit und die sehr begrenzten Zulademöglichkeiten kompensierte das Einspurauto durch eine schützende Bootsheckkarosserie mit zwei bequemen, hinter einander angeordneten Autositzen, einem Trittbrett für den bequemen Einstieg, Platz für etwas Gepäck, ein schützendes Verdeck und die Möglichkeit eine Windschutzscheibe zu montieren. Die jeweilige Zugehörigkeit kam auf den Blickwinkel an Für die einen war das Monotrace ein karossiertes Motorrad, und als „moto carrossée“ stand es auch im Prospekt des Agent Général für ganz Frankreich, Monsieur Joseph Auguste Roten. Für die anderen überwog die automobile Komponente und so war es für sie ein Einspurauto, ein Begriff, den später auch Rollerproduzenten wie Bastert oder auch Heinkel für ihre Produkte reklamierten (Bastert-Einspurauto). Unter dem Beifahrersitz befand sich der liegend eingebaute, seitengesteuerte und wegen der windgeschützten Lage wassergekühlte Einzylindermotor. Der nach dem Thermosyphonprinzip arbeitende Kühler war über dem Vorderrad platziert, wobei die Kühlflüssigkeit in zwei Rohren zirkulierte, die von vorn an den Innenseiten der Karosserie entlang zum hinter dem Fahrer liegenden Motor führten. Effektiv war der Kühler nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch durch seinen werbewirksamen Bezug zum Automobil. Der Motor hatte einen Hubraum von 510 ccm und leistete um die 12 PS bei 2300 U/min. Er arbeitete mit Magnetzündung und war mit einem Cozette-Vergaser bestückt. Das angeblockte Dreiganggetriebe wurde über einen Handhebel betätigt. Der Antrieb zum Hinterrad erfolgte über eine Kette. Gestartet wurde der Motor über einen Kickstarter an der rechten Fahrzeugseite. Da die Tür auf der linken Seite lag, musste der Fahrer nach dem Antreten um das Fahrzeug herum laufen. Das drei Meter lange Fahrzeug besaß einen Leiterrahmen aus U-Stahlprofilen. Die Radaufhängung vorn erfolgte an einer geschobenen Kurzschwinge und hinten an einer Zweiarmschwinge. Zwei Blattfedern stützten den Rahmen ab. Abgebremst wurde nur das Hinterrad, wobei die Handbremse als Bandbremse außen auf die Bremstrommel wirkte und die Fußbremse als Innenbackenbremse ausgebildet war. Eines der wichtigsten Instrumente am Monotrace war der Hebel für die Betätigung der Stützräder Um im Stand oder beim ganz langsamen Rangieren nicht umzukippen, gab es zwei kleine vor dem Hinterrad angeordnete Stützräder. Kam man in Fahrt, zog man die Hilfsräder mit Hilfe eines langen Hebels, der auf der rechten Seite im Fahrzeuginneren platziert war, sofort hoch. Dann waren sie zur Unterstützung nicht mehr notwendig, weil nun die Kreiselkräfte das Fahrzeug in Balance hielten. Der Hebel hatte drei arretierbare Stellungen. Wenn man eine Halteposition einnehmen wollte, fuhr man die Stützräder ganz aus. Ganz hochgeklappt waren die Räder bei Fahrt. Auf halber Position hielt man den Hebel, wenn man langsam rangierte und dann drei Räder nutzte. Um der anvisierten Kundschaft die Angst vor einem möglichen Umkippen des Fahrzeugs zu nehmen, leistete Joseph Auguste Roten eine Menge Überzeugungsarbeit in Form von vielen Demonstrationsfahrten Selbst regelrechte artistische Vorführungen mit Vollbremsungen, Freihandfahren, Slalomfahren und Wendemanövern gab es mit dem Monotrace um die Sicherheit des Fahrzeugs zu demonstrieren. Der Börsencrash und die Weltwirtschaftskrise, die nur noch wenig Platz für Experimente ließ, setzte dieser experimentellen Phase im Fahrzeugbau ziemlich abrupt ein Ende Insgesamt sollen vom Morgan-Monotrace bis zum Ende seiner Produktion um das Jahr 1930 herum ungefähr 300 Exemplare entstanden sein. Auch das Mauser-Einspurauto (in den letzten Jahren von Winkler gebaut) wurde in dieser Zeit eingestellt. In Vergessenheit geriet das Konzept vom Mauser-Einspurauto und vom Monotrace aber keineswegs. Immer wieder tauchen bis heute einspurige Fahrzeuge mit Karosserie und Stützrädern, allerdings in neuem Outfit auf.

Fotos & Text: Marina Block

 

Technische Daten

Motor: sv Einzylindermotor, wassergekühlt, liegend

Hubraum: 510 ccm

Bohrung x Hub: 85 mm x 90 mm

Leistung: 12 PS bei 2300 U/min

Höchstgeschwindigkeit: ca. 80 km/h

Vergaser: Rundschiebervergaser (Cozette)

Durchlaßweite: 26 mm

Zündung: Magnetzündung

Schmierung: Druckumlaufschmierung

Getriebe: Dreiganggetriebe ohne Rückwärtsgang

Kupplung: Mehrscheiben-Trockenkupplung

Rahmen: genieteter Leiterrahmen aus U-Profilen

Radführung vorn: geschobene Kurzschwinge

Radführung hinten: Zweiarmschwinge

Länge: 3000 mm

Breite: 1180 mm

Bereifung: 3.85 x 20

Bremse: hinten kombinierte Trommel,- und Außenbandbremse

Leergewicht: 320 kg

Verbrauch: 3,5-4l/100 km

Preis: 3000 – 7800 francs

Bauzeit: ca. 1923-1930

Bilder

Informationen:

MarkeMorgan-Monotrace
ModelEinspurauto
Baujahr1925

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