Anfang der 60er Jahre weitete die Firma Glas aus Dingolfing, die bis dato bekannt war für ihre erfolgreichen Kleinwagenmodelle Goggomobil und Isar, ihr Geschäft auf den Bau von Mittelklassemodellen aus
Ein wesentliches Merkmal dieser Fahrzeuge war ihr von dem ehemaligen BMW-Ingenieur Max Ischinger entwickelter Hochleistungsmotor. Dieser ohc Reihenvierzylinder besaß neben anderen gut durchdachten Details zum ersten Mal im Serienautomobilbau eine über einen Zahnriemen statt einer Kette angetriebene, obenliegende Nockenwelle. Anfangs hatte Ischinger mit einem Boxermotor für die Mittelklasse experimentiert. Dieser Versuch wurde dann aber nicht weiterverfolgt. Der neue Reihenvierzylindermotor feierte im Glas S1004 von 1961, der auf dem verlängerten Fahrwerk des Glas Isar entstand, sein Debut. In vergrößerter und leistungsgesteigerter Form wurde der Motor dann in allen folgenden Glas-Mittelklassemodellen verwendet, so auch im 1300 GT von 1963. Das betraf natürlich nicht das V8-Modell von Glas, mit dem die Marke sogar in die Oberklasse vordrang.
Die 04er-Baureihe von Glas besaß eine sehr kantige und wenig elegante Formgebung. Abhilfe sollte bei den neuen Modellen von 1963 der italienische Automobildesigner Pietro Frua schaffen, auf den Andreas Glas 1962 zugegangen war
Der große Wurf gelang gleich mit der Mittelklasselimousine Glas 1500 und dann 1700, deren moderne Linien Frua zu verdanken waren. Von dieser Limousine wurde dann als Imageträger der sportlich-elegante 1300 GT abgeleitet, dessen Rohkarosserien bei Frua in Moncalieri entstanden. Pietro Frua hatte hier ein formvollendetes 2+2 Coupé entworfen mit einer Dachlinie, die sich in einem geschwungenen Bogen fast bis zur hinteren Stoßstange erstreckte. Das Fastback-Coupé war sehr geräumig auf den vorderen Plätzen. Die Rücksitzbank war für Kinder geeignet, konnte aber auch durch Umklappen die Kofferraumfläche vergrößern und als zusätzlicher Stauraum genutzt werden. Der 1300 GT besaß eine selbsttragende Ganzstahlkarosserie, eine vordere Einzelradaufhängung an Doppel-Querlenkern, Schrauben,- und Gummihohlfedern, hinten gab es eine Starrachse. Sein 9,2:1 verdichteter Motor war mit zwei Flachstromvergasern bestückt, leistete 75 PS bei 5500 U/min und brachte das Coupé und ab 1964 auch das hinzugekommene Cabriolet auf eine Höchstgeschwindigkeit von 170 km/h. Im Herbst 1965 war ein leistungsgesteigerter Motor für den 1300 GT zu haben, zudem kam der größere 1700 GT auf den Markt.
Glas ging Ende 1966 in BMW auf
Der ehemalige Landmaschinenfabrikant Glas hatte mit dem Goggoroller, dem Goggomobil und dem Isar die Bevölkerung erfolgreich in die Wirtschaftswunderzeit begleitet. Nun auch seine Mittelklassemodelle und das Oberklassemodell gut zu vermarkten, machte zusehends Probleme, vor allem wohl weil das Händlernetz von Glas aus Landmaschinen,- und Kleinwagenhändlern bestand. Als es immer schwieriger wurde, sich schnell gegen eine kapitalkräftige Konkurrenz zu behaupten, trat Glas mit verschiedenen Autokonzernen in Verhandlungen ein. Allerdings bestand über den befreundeten Münchener BMW-Händler und ehemaligen Rennfahrer Schorsch Meier bereits eine gute Kommunikationsebene zu BMW. Und BMW hatte Interesse, sogar soviel Interesse an dem Ingenieurswissen der Firma Glas, dass die Verantwortlichen sehr viel für Glas zu zahlen bereit waren. In der Folgezeit baute BMW einige Glas-Modelle noch kurzzeitig weiter, wie das Goggomobil, den Glas 1700 und den 2600 V8 mit Dreilitermotor als Glas 3000 V8. Aus dem Glas 1300 GT bzw. 1700 GT wurde mit dem Motor, dem Getriebe und der Hinterachse des BMW 1600 ti der BMW 1600 GT, der von 1967 bis 1968 angeboten wurde. Ende der 60er Jahre verschwand der Name Glas in Deutschland dann leider endgültig.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: ohc Reihenvierzylinder
Hubraum: 1290 ccm
B x H : 75 mm x 73 mm
Leistung: 75 PS bei 5500 U/min
Verdichtung: 9,2:1
Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h
Vergaser: 2 Solex Flachstromvergaser
Kupplung: Einscheibentrockenkupplung
Getriebe: vollsynchronisiertes Vierganggetriebe, Mittelschaltung
Karosserie: selbsttragende Ganzstahlkarosserie
Vorderradaufhängung: an Doppelquerlenkern, Schrauben,- und Gummihohlfedern, Querstabilisator,
Teleskopstoßdämpfer
Hinterradaufhängung: Starrachse an halbelliptischen Blattfedern, Gummihohlfedern, Panhardstab,
Teleskopstoßdämpfer
Bremsanlage: hydraulisch, vorn Scheiben, Hinten Trommeln
Radstand: 2320 mm
Gesamtmaße: 4050 x 1550 x 1280 mm
Leergewicht: 900 kg
Stückzahl: Coupé 3526 Ex.
Bauzeit: 1964-1967