Indian - Chief (1946)

Eigentlich war dieses amerikanische Traummotorrad nach dem Krieg schon ein echter Evergreen, denn seine Wurzeln reichten bis in die frühen 20er Jahre zurück

Die erste Indian Chief (Häuptling) mit seitengesteuertem 1l-V-Zweizylindertriebwerk betrat 1922 die Bühne, dicht gefolgt von der ein Jahr später vorgestellten Big Chief mit 1200 ccm-Motor. Die technische Grundstruktur war bereits damals festgelegt und sollte sich in den nächsten 30 Jahren nicht wirklich wesentlich ändern. Gedacht war die Chief als hubraumstärkere Ergänzung der 1920 vorgestellten Scout, von deren Konstruktion sie vieles übernommen hatte. So besaß sie auch denselben extrem stabilen Doppelrohrrahmen, wegen dessen Eigenschaft die Scout zum Beispiel auch bei Steilwandfahrern sehr beliebt war.

Die Chief war vor allem für den Gespannbetrieb vorgesehen und wurde vorwiegend als Polizeifahrzeug und in vielen Ländern als Repräsentationsmotorrad, z.B. für den Einsatz bei Motorradeskorten verwendet. Im zivilen Bereich spielte die Chief eine weniger große Rolle, weil sie kaum an Privatleute verkauft wurde.

Indian und Harley-Davidson waren ewige Konkurrenten

Die 1901 von George Mallory Hendee und Oscar Hedstrom in Springfield (Massachusetts) gegründete Indian Motorcycle Company und Harley-Davidson waren über Jahrzehnte hinweg die beiden größten und bald auch die einzigen Motorradproduzenten Amerikas. Ihre Fahrzeuge wurden vom amerikanischen Militär, von der Polizei und von anderen Behörden geordert und galten lange Zeit als die stärksten Motorräder ihrer Zeit. Beide Marken lagen in ständigem Wettstreit miteinander, sei es im Sport, in der Technik oder der Ausstattung, bis die Indian Motorcycle Company 1953 Konkurs anmelden musste.

Nach dem Krieg bot Indian nur noch die Chief an. Die Scout und das Vierzylindermodell wurden eingestellt. Man konzentrierte sich nun bei der Chief auf eine moderate Verbesserung des Fahrwerks und auf ihre reichhaltige Ausstattung. Angeboten wurde sie in drei Versionen gestaffelt nach Ausstattungsmerkmalen: Clubman (Basisausführung), Sportsman (mehr Chrom), Roadmaster (Luxusausführung)

Bereits 1940 hatte die Chief eine Geradweg-Hinterradfederung erhalten. 1946 änderte man die Vorderradaufhängung und tauschte die mittlerweile schon etwas antiquierte Blattfedergabel durch eine hydraulisch gedämpfte Trapezgabel aus. Das seitengesteuerte V-Zweizylindertriebwerk hatte man zuletzt 1935 überarbeitet und mit neuen Zylinderköpfen und größeren Kühlrippen versehen, auf Trockensumpfschmierung umgestellt wurde es bereits 1933. Der Motor leistete 40 PS bei 4700 U/min und brachte die 260 kg schwere Chief von 1946 auf eine Höchstgeschwindigkeit von gut 160 km/h. Da viele Indian Chiefs bei der Polizei und auch in vielen Ländern bei den Motorradeskorten eingesetzt wurden, war der Gasdrehgriff links angeordnet und die Zündverstellung lag rechts, damit der Fahrer die rechte Hand zum Grüßen oder zum Zeichen geben (zum Beispiel wenn ein Polizist jemanden zum Halten auffordern wollte) frei hatte. Ausgestattet war die Chief mit einem Dreiganggetriebe, das über einen Handschalthebel am Tank betätigt wurde. Häufige Schaltvorgänge waren nicht notwendig. Erst einmal in Fahrt, ließ sich fast alles im dritten Gang bewältigen.

Ihre prägnante Formgebung mit den großflächig geschwungenen Kotflügeln, die die Räder beinahe halb abdeckten, erhielt die Chief 1940. Ab 1950 wurde eine Teleskopgabel eingeführt und der Hubraum des Motors vergrößert.

Die Indian Chief war ein amerikanisches Traummotorrad, konnte aber als einziges bewährtes Modell die Firma in der frühen Nachkriegszeit nicht über Wasser halten

Zum Konkurs 1953 kam es dann wohl aus mehreren Gründen. Neben dem harten Konkurrenzkampf mit Harley-Davidson, führte die Stagnation in der Modernisierung der Chief und ein zu frühes Angebot nicht ausgereifter, kleinvolumiger Einzylindermodelle gepaart mit Mismanagement in den Ruin.

Das abgebildete Fahrzeug wurde als neue Maschine 1946 offiziell nach Deutschland an einen Deutschen ausgeliefert, was direkt nach dem zweiten Weltkrieg erstaunlich war. Es war mit zusätzlichen Scheinwerfern ausgestattet und besaß einen Sattel für eine Person. Serienmäßig ausgeliefert wurde die Chief hingegen mit dem Chum-Me-Sattel, auf dem zwei Personen Platz fanden.

Interessant ist übrigens auch, dass Hans Glas, der als junger Mann lange Zeit in den USA arbeitete, in den 20er Jahren Betriebsleiter bei Indian war.

Fotos & Text: Marina Block

Technische Daten

Motor: luftgekühlter sv Zweizylindermotor

Hubraum: 1206 cc

Bohrung x Hub: 82,5 mm x 112,7 mm

Leistung: 40 PS bei 4700 U/min

Verdichtung: 6:1

Höchstgeschwindigkeit: ca. 160 km/h

Verbrauch: ca. 6l auf 100 km

Vergaser: Linkert M344

Zündung: Batteriezündung mit Verteiler

Schmierung: Trockensumpfschmierung mit gusseiserner Zahnradpumpe

Getriebe: Dreiganggetriebe, handgeschaltet

Kupplung: Mehrscheibenkupplung im Ölbad

Rahmen: Stahlrohrrahmen mit doppelten Unterzügen

Radführung vorn: hydraulisch gedämpfte Trapezgabel

Radführung hinten: Geradwegfederung

Bremsen: Simplex-Trommelbremsen

Bereifung: 5.00 x 16“

Gewicht: ca. 260 kg (leer)

Preis: $ 800




Bilder

Informationen:

MarkeIndian
ModelChief
Baujahr1946

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