Tretroller aus Holz, die man auch als zweirädrige Kleinfahrzeuge mit bodennahem Trittbrett und Antrieb über Muskelkraft bezeichnen könnte, waren in der Nachkriegszeit wohl das prädestinierte, von Kindern betriebene Fahrzeug schlechthin
Das Zeitalter des Bobbycar oder selbst des Dreirads mit Rohrrahmen war noch nicht angebrochen. Einen Holztretroller jedoch boten bald fast alle Spielwarenproduzenten an, als sie so peu á peu nach dem Krieg wieder mit ihrer Fabrikation begannen. Viele renommierte Spielwarenhersteller bauten damals Holzspielzeug, nicht zuletzt weil der Werkstoff relativ günstig zu haben war. Neben Bauklötzen und allerhand Getier zum hinterherziehen für die ganz Kleinen und den Gesellschaftsspielen aus Holz für alle, gab es für die etwas größeren Kinder Spielzeug, das ihrem Drang nach Bewegung entgegen kam. Dazu zählte neben den Produkten, die die Geschicklichkeit förderten, eindeutig der Tretroller.
Auch der große deutsche Spielwarenhersteller Steiff aus Giengen an der Brenz, der eher für seine weichen Plüschstofftiere weltweit bekannt war, bot von circa 1911 bis Ende der 70er Jahre verschiedenstes Holzspielzeug an. Darunter befanden sich auch Rollermodelle aus Holz, die Steiff seit den 20er Jahren und als einziges Holzspielzeug sogar noch bis 1990 im Programm hatte. Die Boomzeit dieser Rollerart lag allerdings im allgemeinen in den späten 40er, 50er und 60er Jahren und verdeutlichte den Traum nach Mobilität, den auch schon die Kinder damals hatten. Das abgebildete Steiff-Modell „Renrolo 7888“ aus Buchenholz wurde von 1953 bis 1958 gebaut
Margarete Steiff hatte ihre Firma 1880 im schwäbischen Giengen gegründet und anfangs Tiere aus Filz produziert. Ein Elefant war damals das Tier, das den Ausschlag zur Firmengründung gab. Dank seiner Beliebtheit bei den Kindern, die lieber mit der weichen Filzfigur, die eigentlich als Nadelkissen gedacht war, spielten als sie ihren Müttern zu überlassen, kam Margarete Steiff auf die Idee Filztiere für Kinder herzustellen. Der wirklich große Durchbruch und eine weltweite Verbreitung der Steiff-Produkte gelang dann mit einem Plüschbären, der sich anfangs vor allem in Amerika ungeheuer gut verkaufte. Das war vielleicht auch der Roosevelt-Legende zu verdanken. Theodore „Teddy“ Roosevelt weigerte sich nämlich nach einer erfolglosen Bärenjagd, einen angebundenen Jungbären zu erschiessen. Hier hatte die Bezeichnung „ Teddybär“ ihren Ursprung.
Das besondere am Renrolo von Steiff war seine „Rücktrittbremse“, ein Richtungsanzeiger und ein Fahrzeugständer
Im Prinzip waren damals alle Holztretroller ähnlich aufgebaut. Sie besaßen Scheibenräder mit Hartgummibelag und hatten ein Rad vorn und ein Rad hinten, im Gegensatz zu späteren Ausführungen, die mit zwei Hinterrädern aufwarteten. Auch die Art der Vorderradaufnahme und der Lenkkonstruktion waren allgemein üblich. Über eine Hinterradbremse wie beim Renrolo in Form einer flexiblen Metallkappe, auf die man trat und die das Rad abbremste, verfügten hingegen damals nicht alle Tretroller. Eine weitere Besonderheit war der oben an der Holzlenksäule angebrachte Winker und ein Klappständer am Hinterrad. Natürlich besaß auch der Steiff-Roller die typische Firmenmarkierung mit Bärenkopf, allerdings nicht wie die Stofftiere in Knopfform, sondern mit Firmenschriftzug auf das Vorderschild gedruckt.
Fotos & Text: Marina Block