Die Nähmaschinenfabrik Dürkopp aus Bielefeld baute 1894 nicht nur ihr erstes Auto, sondern begann 1901 auch Motorräder zu produzieren
Nach einem zweiten oder auch dritten Standbein sahen sich damals viele Industriebetriebe um. So auch der Bielefelder Nähmaschinenproduzent, der seit 1886 auch Fahrräder baute. 1896 kaufte man die Norddeutschen Fahrradwerke in Oldesloh und beteiligte sich zudem an der Styria-Fahrradfabrik von Puch in Österreich. Kurz darauf starteten die Bielefelder dann mit der motorisierten Zweiradproduktion. Ihr erstes Modell von 1901 hieß „1 ¾ HP“ und war nahezu komplett von Dürkopp selbst gebaut, also auch mit hauseigenem Motor. Erst Anfang der 30er Jahre nutzte man Einbaumotoren von Fichtel & Sachs. So ließen sich die Zweiräder natürlich kostengünstiger produzieren und anbieten. Durch die Weltwirtschaftskrise war der Bedarf an motorisierten Fahrrädern und Leichtmotorrädern stark gestiegen, da sie erschwinglich und zudem steuer,- und führerscheinfrei waren. Der Boom der Kleinmotorisierung war aber auch Fichtel & Sachs und Ilo zu verdanken. Die beiden Motorenhersteller hatten auf den Bedarf mit einem Angebot an kleinvolumigen Zweitakt-Einbaumotoren reagiert, die von den vielen Fahrradherstellern mit Begeisterung aufgenommen wurden.
Der neue Zweitaktmotor von Fichtel & Sachs von 1933 wurde schnell zum Topseller und von vielen Firmen zur Motorisierung ihrer Fahrräder eingesetzt
Dieser neue Motor besaß nun 98 ccm statt wie bisher 74 ccm Hubraum und leistete 2,25 PS bei 3300 U/min. Auch Dürkopp war von ihm angetan und bestückte 1935 damit seine neue Modellpalette, die Herrenmodelle M10, M12 und M 12 Sport mit Kickstarter und Fußrasten statt Pedale sowie das Damenmodell M11 mit Durchstieg und Kleiderschutznetz. Die Motorfahrräder waren mit diesem Triebwerk recht flott unterwegs und brachten es locker auf eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h.
Der kräftigere Sachs-Motor hatte auch Auswirkungen auf den Rahmenbau der Motorfahrräder
Ein stärkerer Motor machte natürlich auch einen stärkeren Rahmen notwendig. So baute man die Rahmen mit Rahmenrohren von 30 mm Durchmesser und einer Verstärkung aller beanspruchten Verbindungsstellen wesentlich stabiler als zuvor und gab ihnen eine Form, die langsam aber sicher mehr der Silhouette eines Motorrads ähnelte als der eines Fahrrads. Dazu zählte auch eine im Hause entwickelte neue Parallelogramm-Gabel für die Vorderradaufhängung mit einstellbarer Dämpfung. Bei dieser Gabel blieb es allerdings nicht. Schon in der darauf folgenden Saison wurden die Modelle mit einer anderen Trapezgabel versehen, die um einiges kräftiger ausgebildet war. Noch moderner wurde die Formgebung als bei Dürkopp dann auch noch der Satteltank 1936 Einzug hielt und man sich vom zuvor verwendeten Stecktank verabschiedete. Für schwierige Einsatzbedingungen konnte der Sachs-Motor übrigens auch mit Aluminium-Zylinder und geringfügig höherer Leistung geordert werden, wie es bei der abgebildeten Kickstarter-Version der Fall war.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: Einzylinder-Zweitaktmotor
Hubraum: 98 ccm
Leistung: 3 PS bei 3300 U/min
Verdichtung: 1:5,4
Höchstgeschwindigkeit: 65 km/h
Getriebe: Zweiganggetriebe, Kulissenschaltung
Kupplung: Zweischeiben-Korklamellenkupplung
Vorderradaufhängung: Parallelogramm-Gabel
Hinterradaufhängung: starr
Bremsen: Innenbacken-Trommelbremsen
Gewicht: ca.55 kg
Bauzeit: 1935-1940