Mit der Weltwirtschaftskrise nahm in den 30er Jahren der Bedarf an motorisierten Fahrrädern stark zu, da sie erschwinglich und zudem führerschein,- und steuerfrei waren. Das entging natürlich auch dem Motorrad,-und Automobilhersteller DKW aus Zschopau nicht, so dass der damals größte Motorradhersteller der Welt bald mit einem genialen kleinen Motorrad aufwartete, der DKW RT 100
Der Boom an motorisierten Fahrrädern war auch Fichtel & Sachs und Ilo zu verdanken. Die beiden Motorenhersteller hatten auf den Bedarf mit einem Angebot an kleinvolumigen Zweitakt-Einbaumotoren reagiert, die von den vielen Fahrradherstellern mit Begeisterung aufgenommen wurden. Fahreigenschaften und Leistungen von „echten“ Motorräder boten die meisten Motorfahrräder allerdings damals vor allem anfangs nicht, was hauptsächlich an ihren oft schlichten Fahrgestellen lag. In diese Lücke dran als erster Anbieter DKW mit der RT 100, die zwar auch einen kleinvolumigen Motor besaß, allerdings einen hauseigenen von DKW, aber vor allem auch über ein stabiles Fahrwerk verfügte und mit Kickstarter, Dreiganggetriebe und Fußrasten wie ein echtes, wenn auch kleines Motorrad aussah. Vorgestellt wurde sie 1934 mit einem 2 ½ PS starken DKW Einzylinder-Zweitaktmotor, der ab 1936 auf 3 PS aufgestockt wurde. Natürlich arbeitete der Motor mit Dr. Schnürles Umkehrspülung samt Flachkolben, für die sich DKW ja das Patent gesichert hatte. Schon in der Werbung für ihr neues Modell stellte DKW klar, dass es sich hier um ein durchdacht konzipiertes Motorrad und „kein Fahrrad mit Hilfsmotor“ handele.
In ihrer Leistung war die kleine DKW anderen Zweirädern dieser Hubraumklasse weit überlegen
Das lag auch daran, dass der Motor mit der Schnürle-Umkehrspülung arbeitete. Alle anderen Spülverfahren, auch diejenigen die Fichtel & Sachs oder Ilo verwendeten, hatten den Nachteil, dass ihnen die Spülstromrichtung zur rückwärtigen Zylinderwand fehlte und daher die Berührungsflächen zwischen Abgas,- und Frischgasstrom zu groß waren. Das kostete Leistung, führte zu einem höheren Verbrauch und machte die Motoren thermisch sensibel. Mit all dem hatte die RT 100 nicht zu kämpfen. Sie bot eine gute Leistung bei einem Verbrauch (moderate Fahrweise) von etwas über einem Liter Benzin auf 100/km.
1936 wurden ihre Fahreigenschaften durch eine leichte Modifikation noch verbessert
Nicht nur die Leistung des Motors wurde erhöht, auch das Fahrwerk wurde überarbeitet. Die RT 100 besaß einen geschlossenen Rohrrahmen mit starr aufgenommenem Hinterrad. Die Vorderradgabel aus Pressstahl war nun aber mit einer Gummibandfederung ausgestattet, die die zuvor verwendeten Schraubenfedern ersetzte. Diese progressive Gummiband-Vorderradfederung zeigte auch im Gelände ihre Stärken. Überhaupt war die leichtgewichtige RT 100 ein kleiner Allrounder, brachte auch am Berg noch genug Leistung und machte selbst im Gelände ein gute Figur. Wie es sich für ein Motorrad gehört, war sie auch mit ausreichend dimensionierten Trommelbremsen am Vorder,und Hinterrad ausgestattet.
Die RT 100 avancierte zur meist verkauften DKW der 30er Jahre
Mit über 70000 verkauften Exemplaren war die kleine DKW ein Bestseller auf dem Markt der Leichtmotorräder und ein Glücksfall für DKW. Aus diesem Modell wurde Ende der 30er Jahre die RT 125 abgeleitet, ein Motorrad, das so perfekt konzipiert war, dass es weltweit Freunde fand und auch weltweit kopiert wurde.
Viele Exemplare des kleineren Modells wurden übrigens als Fahrschulmaschinen für die Hitlerjugend eingesetzt. Erhalten geblieben sind im Verhältnis zu der produzierten Menge nicht eben viele RT 100.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: Einzylinder-Zweitaktmotor, luftgekühlt
Hubraum: 98 ccm
Leistung: 3 PS bei 3300 U/min
Verdichtung: 5,9:1
Höchstgeschwindigkeit: 70 km/h
Getriebe: Dreiganggetriebe, Kulissenschaltung
Vorderradaufhängung: gummigefederte Pressstahlgabel
Hinterradaufhängung: starr
Bremsen: Innenbackenbremsen
Gewicht: ca. 60 kg
Bauzeit: 1934-1940 (2 ½ PS + 3 PS)
Preis: 345 RM
Stückzahl: über 70000 Ex. (2 ½ PS + 3 PS)