Riedel - Imme R100 (1951)


1949 stellte Norbert Riedel mit seiner Imme R100 eine avantgardistische Motorradkonstruktion vor, wie man sie zuvor noch nie gesehen hatte

Norbert Riedel hatte in den 30er Jahren für Victoria, Ardie und Triumph Nürnberg Motorräder konstruiert. Nach dem Krieg realisierte er nun unter seinem Namen ein geradezu revolutionäres Motorrad, das die Welt zuvor noch nie gesehen hatte. Die Imme R100 war ein genial minimalistisches Konstrukt im positiven Sinne. Sie besaß alles, was ein gutes Motorrad ausmachte. Allerdings war ihre geschickt durchdachte Mechanik mit dem geringst möglichen Materialeinsatz gemacht, denn Material war kurz nach dem Krieg ein sehr rares Gut. So gab es bei der Imme kaum einen Rahmen. Lediglich ein kurzes Stück Stahlrohr diente zur Aufnahme des Lenkkopfs und des Satteltanks, zur indirekten Sattelbefestigung und zur Aufhängung des mit schwingenden Motors in Eiform. Absolute Highlights waren die wie beim Flugzeugfahrgestell nur einseitig aufgehängten Räder und die Zentralschwinge. Viel mehr Avantgarde ging an einem Motorrad damals gar nicht. So wurde das Hinterrad vom Auspuffrohr aufgenommen, das als Schwinge fungierte. Natürlich musste der Motor da mitschwingen und flexibel aufgehängt sein. Eine dicke Spiralfeder federte das Hinterrad mit der Triebsatzschwinge vom Zentralrohr ab und eine Spiralfeder vorn übernahm diese Aufgabe für die einseitige Parallelogrammgabel.

Trotz ihres minimalistischen Ansatzes fehlte es der Imme an nichts. Obendrein war sie auch noch elegant gestaltet und verfügte dank des gut gefederten Fahrwerks über ausgezeichnete Fahreigenschaften

Sie besaß ein Dreiganggetriebe, das über eine Drehgriffschaltung betätigt wurde. Der erste Gang lag in der Mitte auf der Leerlaufstellung. Durch Drehen des linken Griffes zusammen mit dem Kupplungshebel waren nur zwei Gänge zu schalten. Für die Verzögerung sorgten Innenband-Trommelbremsen. Die beiden Räder ließen sich dank der einseitigen Aufhängung leicht montieren und konnten untereinander ausgetauscht werden. Auch eine Halterung für ein Reserverad war vorhanden. Ein Vorzug des geringen Materialverbrauchs war natürlich das geringe Gewicht der Imme, die gerademal 57 kg auf die Waage brachte. Da sie auch mit 2l/100 km wenig verbrauchte, reichte der schmale und elegant geformte Tank in Wespenheck-Optik mit dem integrierten Werkzeugkasten durchaus für weitere Strecken.

Auch die Motorenkonstruktion folgte dem minimalistischen Prinzip

Der kompakte, stark verrippte und in damals ungewöhnlicher Eiform gehaltene Einzylinder-Zweitaktmotor mit 99 ccm Hubraum und 4,5 PS besaß einen Flachkolben und arbeitete, um das Schnürle-Patent zu umgehen, mit einer Steilstromspülung. Interessant geformt war übrigens auch die Batterie der Imme, denn sie war dreieckig. Das Besondere an dem Motor aber war seine nur einseitige, fliegende Kurbelwellenlagerung. Auch die 98er NSU Fox hatte eine fliegende Lagerung. Allerdings stellte diejenige der Imme ein Problem dar, weil die einseitige Lagerung der Belastung nicht gewachsen war.

Norbert Riedel ging im Herbst 1951 nach 12000 verkauften Immen in Konkurs

Riedel hatte für die R100 mit 775 DM einen viel zu geringen Kaufpreis angesetzt. Hinzu kamen dann noch Reklamationen wegen einiger Kinderkrankheiten, die die Konstruktion noch nicht überwunden hatte. Nach dem Konkurs übernahm die neu gegründete Zweirad-Motoren-Getriebe GmbH (ZMG) die Konkursmasse, sicherte die Ersatzteilversorgung der Immen-Besitzer und bot einen Zweizylindermotor zur Umrüstung an. Auch der Umbau des Einzylindermotors auf zweifache Kurbelwellenlagerung wurde vorgenommen.

Fotos & Text: Marina Block

 

Technische Daten

Motor: luftgekühlter Einzylinder-Zweitaktmotor

Hubraum: 99 ccm

B x H: 52mm x 47 mm

Leistung: 4,5 PS bei 5800 U/min

Höchstgeschwindigkeit: 75 km/h

Vergaser: Amal-Vergaser

Elektrik: Noris-Magnet-Zündlichtanlage 15 Watt

Getriebe: Dreiganggetriebe, Drehgriffschaltung

Rahmen: Zentralrohr

Vorderradaufhängung: einarmige Parallelogrammgabel

Hinterradaufhängung: Triebsatzschwinge, Zentralfeder, Reibungsdämpfung

Bremsen: Innenbandbremsen, 115 mm Durchmesser

Radstand: 1295 mm

Reifen: 2.50 x 19“

Verbrauch: 2 l/100 km

Gewicht: 57 kg

Bauzeit: 1949-1951

Preis: 775 DM

Stückzahl: ca. 12000 Ex.

Bilder

Informationen:

MarkeRiedel
ModelImme R100
Baujahr1951

Weitere Fahrzeuge