Die Horex Regina avancierte in der Nachkriegszeit zum Traummotorad sportlich orientierter Motorradfahrer in Deutschland und zum in 59 Länder exportierten Bestseller unter den 350ern der 50er Jahre. Sie machte Horex damals zum größten Hersteller von 350ern weltweit
Der Ursprung des Namens Horex führte übrigens in die Glasindustrie, denn er setzte sich aus Silben der Rex-Konservenglasgesellschaft Bad Homburg zusammen, die den Eltern des Firmengründers Fritz Kleemann gehörte. Er hatte seinen Vater in den 20er Jahren überredet motorisierte Fahrräder zu bauen. Da das Geschäft gut anlief, konzentrierte man sich bald komplett auf den Motorradbau und stellte die Einmachglasproduktion ein.
Die Regina zählte damals zu den elegantesten und modernsten Motorrädern deutscher Herkunft, obwohl sie aus einer Vorkriegsmaschine entwickelt wurde. Chefkonstrukteur Hermann Reeb hatte kurz vor dem zweiten Weltkrieg zusammen mit dem bekannten Konstrukteur Richard Küchen einen ohv Einzylinderblockmotor mit 350 ccm Hubraum entwickelt. Dieses hochmoderne Triebwerk wurde damals als Einbaumotor in der Victoria KR-35 und dann 1938 in der Horex SB 35 verwendet. Nach dem Krieg durften in Deutschland anfangs nur kleinere Motorräder gebaut werden. Erst 1948 erhielt Horex die Erlaubnis, eine 350er zu fertigen. Da eine Neuentwicklung natürlich Zeit brauchte, wurde erst einmal die nur leicht in Details modifizierte SB35 erneut aufgelegt. Doch schon Ende 1949 hatte Reeb die Aufsehen erregende Regina fertiggestellt, die damals in Deutschland konkurrenzlos war.
Die Regina war nicht nur ein sehr sportliches Motorrad mit einigen technischen Highlights, sie begeisterte auch durch ihre elegante äußere Erscheinung mit vielen verchromten Elementen und geschickt gesetztem Zierat
So besaß sie eine moderne Teleskopvorderradgabel, hinten eine Geradwegfederung, einen verchromten Tank und zwei verchromte Schalldämpfer. Anfangs war die Telegabel ziemlich geneigt angesetzt, was sich nachteilig für das Fahrverhalten zeigte. Deshalb wurde sie bald steiler gestellt. Etwas Besonderes waren die 150 mm-Vollnabenbremsen aus Leichtmetall. So etwas sah man damals sonst eigentlich nur an Rennmaschinen. Ein echter Hingucker waren auch die verchromten Stahlfelgen mit roten Innenstreifen und weißem Rand. Den unten offenen Einrohrrahmen kannte man hingegen bereits aus der SB 35.
Ebenfalls ein alter Bekannter war der langhubige ohv-Einzylinderblockmotor der Regina, dessen Konzept aus der Vorkriegszeit stammte
Das war allerdings keineswegs ein Makel, denn das Triebwerk mit integriertem Vierganggetriebe war herausragend und eine glatte, kompakte Konstruktion, wie sie Richard Küchen liebte. Der ausgereifte und durchzugsstarke Einzylindermotor besaß im Zylinderkopf hängende Ventile, die über Stoßstangen und Kipphebel von der unten liegenden Nockenwelle betätigt wurden. Die Nockenwelle ihrerseits wurde über eine Kette angetrieben. Zahnräder lösten ab 1952 die Kette als Nockenwellenantrieb ab. Die in einem Rohr außen geführten Stößelstangen führten gelegentlich zur Irritation, weil man dachte hinter dem Aufbau verberge sich eine Königswelle. Das war allerdings ein kapitaler Trugschluß. Die Schaltung der Regina lag wie bei englischen Motorrädern auf der rechten Seite. (Die SB 35 hatte sie links)
Gebaut wurde die 350er Regina bis 1956 in vier Generationen und verkaufte sich bis zum Beginn der Motorradkrise blendend
Doch selbst die schöne Regina wurde von der allgemeinen Krise nicht verschont und gegen Mitte der 50er Jahre brachen die Verkaufszahlen immer weiter ein bis Horex die Baureihe 1956 einstellte. 1960 wurde Horex schließlich von Daimler-Benz aufgekauft
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: luftgekühlter ohv Einzylinder-Blockmotor, Langhuber
Hubraum: 342 ccm
B X H: 69 x 91,5 mm
Leistung: 18 PS bei 5000 U/min
Verdichtung: 6,35:1
Höchstgeschwindigkeit: 120 km/h
Vergaser: Bingvergaser
Elektrik: Batterie-Zündanlage mit Unterbrecherkontakt, 6 V, 45/60 W
Schmierung: Trockensumpfschmierung mit Pumpe
Getriebe: Vierganggetriebe, fußgeschaltet
Rahmen: Einrohrrahmen unten offen, gemufft und hartgelötet
Vorderrad: hydraulisch gedämpfte Teleskopgabel
Hinterrad: Geradwegfederung
Bremsen: vorn und hinten 150 mm-Leichtmetall-Vollnabenbremsen
Bereifung: 3.29-19
Gewicht: 160 kg
Variante: Regina 0
Bauzeit: 350er Horex:1950-1956; Regina 0: 1950-1952