1959 brachte Bentley Motors aus Crewe das Modell S2 mit neuem 6,3 l-V-8-Triebwerk heraus. Das Fahrzeug, von dem es auch wieder eine abgeleitete Sportversion namens „Continental“ gab, war nahezu identisch mit dem Rolls-Royce Silver Cloud II
Mittlerweile hatten sich die beiden Marken derart angenähert, dass kaum mehr wesentliche Unterschiede auszumachen waren. In den 30er Jahren sah das noch etwas anders aus. 1931 hatte Rolls-Royce den Automobilhersteller Bentley aus Cricklewood nach seinem Konkurs übernommen und im Laufe der Jahre als etwas preiswertere Schwestermarke mit sportlichem Tough installiert. Allerdings hatten die Bentleys dieser Phase bereits nicht mehr sehr viel mit der rauen Sportlichkeit der Boliden aus den Cricklewooder Tagen zu tun, unterschieden sich aber noch deutlich von Rolls-Royce-Modellen. Vermarktet wurde Bentley in der zweiten Hälfte der 30er Jahre unter dem Werbeslogan „The silent sportscar“. Bald galt er als eine Art sportlich-luxuriöser Zweitwagen sehr reicher Leute, den der Hausherr gerne selbst fuhr. In seinem prestigeträchtigeren Rolls-Royce hingegen ließ er sich von seinem Chauffeur kutschieren und nahm selbst standesgemäß im Fond Platz. Nach dem Krieg näherten sich die beiden Marken immer mehr an. Bentley überlebte als Marke zwar auf diese Weise, doch seine Produkte verloren ihren ursprünglich ausgeprägt sportlichen Charakter.
Die Annäherung der Modellpalette der beiden Luxuswagenmarken hatte Kostengründe
Selbst bei Rolls-Royce dachte man bereits kurz vor dem Krieg über eine effektivere Rentabilität in der qualitativ extrem hochwertigen aber auch sehr teuren Produktion nach. Ähnliche Modelle, die sich technische Komponenten teilten, brachten in dieser Beziehung entscheidende Vorteile mit sich, denn ein Baukastenprinzip sparte natürlich immens viele Kosten ein. Die Annäherung begann damals mit dem Einsatz derselben Motoren sowie anderer technischer Bauteile und weitete sich dann bis auf dieselbe Gestalt der Werksaufbauten aus.
Der Bentley S2 zeichnete sich vor allem durch seinen neu entwickelten ohv V-Achtzylindermotor aus. Außerdem zählt dieses Modell und sein Nachfolger der S3 zu den letzten Bentleys mit Kastenrahmenchassis. Danach ging auch dieser Hersteller zur selbsttragenden Bauweise über
Das Triebwerk verfügte über einen großen Hubraum von 6230 ccm und bestand zum größten Teil aus Aluminium. Die im Zylinderkopf hängenden Ventile wurden über Hydrostößel von der zentralen Nockenwelle betätigt. Für das passende Gemisch sorgten zwei SU-Vergaser mit Startautomatik. Der Motor, für den Rolls-Royce wie üblich keine Leistungsangabe herausgab, war so stark, dass er Krafträuber wie das hohe Gewicht des mit einem Kastenrahmenchassis ausgerüsteten und gut zwei Tonnen schweren Fahrzeugs, das Automatik-Getriebe, die Servolenkung und die Klimaanlage problemlos kompensierte. Eine Höchstgeschwindigkeit von 175 km/h erreichte der S2 jedenfalls spielend. Der sportlichere Continental kam sogar auf 200 Stundenkilometer. Ein wenig gewöhnungsbedürftig war allerdings das Fahrverhalten des S2, der sich durch Spurrillen oder Autobahnfugen leicht vom Weg abbringen ließ.
Eingekleidet wurde vor allem der „Continental“ gerne von externen Karossiers
Für die Aufbauten sorgten vor allem H.J. Mulliner, Park Ward, Hooper und James Young. Aber auch die Werkskarosserie ließ, was den Komfort und die Qualität anging, keine Wünsche offen. So verfügte der S2 über allen erdenklichen Luxus. Handschuhweiches Leder, feinste Stoffe, perfekte Ergonomie, reichlich Ablagen, ein gediegenes Armaturenbrett mit qualitativ hochwertigster Instrumentierung, eine optionale Klimaanlage und sogar abklappbare Picknicktischchen im Fonds zählten zur Selbstverständlichkeit. Selbst Kleinigkeiten waren gut durchdacht, wie etwa die von Hand wegschwenkbare Antenne. Gebaut wurden vom S2, den es mit kurzem und langem Radstand gab, bis 1967 insgesamt nur 2308 Exemplare.
Fotos & Text: Marina Block
Technische Daten
Motor: ohv V-Achtzylindermotor, Hydrostößel
Hubraum: 6230 ccm
B x H: 104,14 mm x 91,44 mm
Verdichtung: 8:1
Vergaser: 2 SU-Vergaser
Leistung: keine Angabe von Bentley/Rolls-Royce
Höchstgeschwindigkeit: 175 km/h
Getriebe: Automatik-Getriebe
Lenkung: Schneckenrollenservolenkung
Antriebsart: Hinterradantrieb
Chassis: Kastenrahmen
Vorderradaufhängung: Querlenker, Schraubenfedern
Hinterradaufhängung: Starrachse , Halbelliptikfedern, Stoßdämpfer elektrisch verstellbar
Bremsen: vorn hydraulische, hinten hydromechanische Servotrommelbremse
Radstand: 3124 mm oder 3225 mm
Spur vorn: 1486 mm
Spur hinten: 1524 mm
Gewicht: 2000 kg
Reifen: 8.20 x 15“
Verbrauch: 15-23 l/100 km
Bauzeit: 1959-1962
Stückzahl: insgesamt 2308 Ex.