Friedrich Dauth gründete 1920 in Tübingen ein Geschäft, das Spielwaren, Bürsten, Holzwaren, Korbwaren und Kinderwagen verkaufte und bald zu einer Institution in seiner Region wurde. Bis heute ist das Geschäft, das sich mittlerweile auf Spielzeug konzentriert, erhalten geblieben, hat allerdings im Laufe der Zeit einige Male den Standort in der Altstadt von Tübingen gewechselt und befindet sich heute im Eltern und Geburtshaus des Dichters Ludwig Uhland in der Hafengasse
Anfangs wurden neben Spielwaren auch viele Holzartikel und Haushaltsartikel angeboten. In den 20er und 30er Jahren kamen sogar eiserne Bettgestelle, Eisenmöbel und Gartenmöbel hinzu. In den 50er Jahren erweiterten zudem Haushaltsgeräte, Liegestühle und Gartenschirme das breite Repertoire.
Eine Massenfertigung von Kinderwagen gab es erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Ziehwägelchen für den Transport von Kleinkindern mit Korbaufbau aus dichtem Korbgeflecht und Holz waren bereits im 16. und 17. Jahrhundert bekannt, wenn auch sehr selten, denn die meisten Menschen waren arm und transportierten ihre Kleinkinder in Tüchern oder, wenn schon auf Rädern, dann im Schubkarren. Speziell für den Transport von Kleinkindern entwickelte, aber doch relativ einfach konstruierte Wagen waren zu dieser Zeit dem wohlhabenden Bürgertum vorbehalten und entstanden als Einzelanfertigung bei einem Stellmacher. Weit aufwändigere Konstruktionen, die vom Kutschenbau inspiriert waren und mit viel Metall und dekorativen Verzierungen aufwarteten, gab es häufiger in Adelskreisen des 18. Jahrhunderts. Hier hatte man auch an die Bequemlichkeit gedacht und große Räder sowie lange Deichseln verwendet, so dass die Kinderwagen eine angenehme Höhe erreichten. Für den Adel wurden auch die ersten, fast schon sportlich und leichtgängig wirkenden Konstruktionen mit Schiebevorrichtung gebaut, wie etwa bei einem für die Kinder des Duke of Devonshire gebauten Kinderwagen von 1730. Früh entstanden auch schon Kinderwagen für den Adel, die ein Kummet besaßen und von Kleintieren gezogen wurden. Einen echten Durchbruch im Kinderwagenbau gab es erst Mitte des 19. Jahrhunderts, als Charles Burton in London die erste Kinderwagenfabrik baute. Allerdings stellte er damals dreirädrige Wagen her, die er Perambulatoren nannte und in denen die Kleinkinder, ähnlich wie heute in den dreirädrigen Sportwagen, in Fahrtrichtung saßen. Für Babys waren diese Fahrzeuge allerdings nicht konstruiert. Mit vierrädrigen Gefährten, die für Babys geeignet waren, über einen Korb mit Verdeck verfügten und anfangs zum ziehen aber bald auch zum schieben waren, kam als erster der Zeitzer Stellmacher Ernst Albert Naether heraus. Kinderwagen mit kleinen Rädern und langen Schubvorrichtungen gab es ab den späten 20er Jahren des 20. Jahrhunderts. Gebaut wurden sie bis in die späten 50er Jahre hinein, wobei man sich in den 40er und 50er Jahren immer stärker am Automobildesign orientierte und die Kinderwagen zudem auch technisch weiter entwickelte und ihnen bequeme Federungssysteme gönnte.
Die Kinderwagen von Friedrich Dauth waren qualitativ hochwertig verarbeitet und hatten einen guten Ruf. Dem Trend der Zeit folgend orientierte sich auch die Formgebung von Dauth-Kinderwagen in den 40er und 50er Jahren stark am Automobildesign
Die Kinderwagen besaßen eine pontonartige Formgebung und waren mit etlichen Accessoires, die an den Automobil,- und Motorradbau erinnerten, bestückt. So kamen Schutzbleche für die Räder, verchromte Stoßstangen, Scheibenräder, Zierleisten, Verdeckführungen wie beim Cabriolets-Verdeck, sogar gelegentlich Rücklichter und etliche andere automobile Details in Mode. Vor allem verchromte Elemente, eine geschwungene Linienführung und die Pontonform spielten in den 50er Jahren, wie beim Automobil, eine wichtige Rolle. Das komfortabel gefederte Dauth-Modell von 1958 mit in den geschwungenen Wagenkörper integrierten Kotflügeln und schicken kleinen Scheibenrädern besaß eine interessante und nicht so oft vorkommende Material-Kombination aus Flechtwerk und Holz. Der obere Holzpart war mit einem in schillerndem Blauton gehaltenen Kunststoff überzogen. Das untere, geschwungen abgesetzte Flechtwerk war wie eine Zweifarbenlackierung beim Automobil in weiß gehalten.
Fotos & Text: Marina Block